Appell an Innenminister fordert Bleiberecht
Familie Youssef flüchtete aus Kobanê in Rojava (Westkurdistan, Nordsyrien) über Bulgarien nach Deutschland. Nun droht den drei schulpflichtigen Kindern und ihren gesundheitlich angegriffenen Eltern laut einer Pressemitteilung des Saarländischen Flüchtlingsrats e.V. die Abschiebung nach Bulgarien. Dort erfülle die Versorgung von Geflüchteten jedoch keine menschenrechtlichen Mindeststandards. Der Flüchtlingsrat appelliert daher an den saarländischen Innenminister Reinhold Jost (SPD) die Vulnerabilität der Familie als humanitären Grund dafür anzuerkennen, „diese Familie nicht nach Bulgarien abzuschieben, wo ihnen wie vielen anderen Geflüchteten Obdachlosigkeit, Armut und Gewalt drohen“.
Bulgarien bedeutet für Geflüchtete Armut und Perspektivlosigkeit
Tobias Schunk vom Saarländischen Flüchtlingsrat erklärt, dass Abschiebungen von Geflüchteten, die in Bulgarien registriert wurden oder einen Schatzstatus erhalten haben, zugenommen haben. Er führte aus: „Immer wieder berichten Geflüchtete von Gewalt und Misshandlungen, die sie dort erfahren haben. Auch für in Bulgarien anerkannte Geflüchtete ist die Alltagssituation fast immer prekär und perspektivlos, sodass sich viele zur Fortsetzung ihrer Flucht gezwungen sehen.“
Verwaltungsgericht zeigt keine Einsicht
Vater Azmi Youssef (60 Jahre), Mutter Serra Hajii Abdullah (51 Jahre) sowie die Kinder Roujin Youssef (16 Jahre), Yousef Youssef (13 Jahre) und Saleh Youssef (7 Jahre) leben laut der Mitteilung seit rund einem Jahr im Saarland. Die beiden älteren Kinder besuchen die Robert-Bosch-Gemeinschaftsschule in Homburg und das jüngste Kind die Grundschule in Homburg.
Da die Familie formal einen Schutzstatus in Bulgarien habe, sei ihr Asylantrag in Deutschland abgelehnt worden. Auch die vorläufige Aussetzung ihrer Abschiebung ist ihnen den Angaben zufolge verwehrt worden, weshalb der Familie nun unmittelbar die Abschiebung nach Bulgarien droht. Das zuständige Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung damit begründet, dass der Familie in Bulgarien nicht automatisch die Verelendung drohe, sondern dass es nach einer Übergangsfrist möglich sei, durch Erwerbstätigkeit den Lebensunterhalt zu sichern.
Appell an den Innenminister
Laut dem Flüchtlingsrat sind beide Elternteile aufgrund ihrer Fluchtgeschichte und der ständigen Angst vor Abschiebung gesundheitlich angeschlagen. Die Mutter habe Diabetes, eine beginnende koronare Herzerkrankung und sei vier Wochen lang wegen einer mittelschweren Depression im Universitätsklinikum Homburg stationär behandelt worden. Der Vater sei aufgrund eines akuten Bandscheibenvorfalls auf unbestimmte Zeit arbeitsunfähig. Die Kinder haben in den vergangenen Wochen regelmäßig einen Schultag verloren, da sie mit ihren Eltern zur Vorsprache bei der Ausländerbehörde wegen Verlängerung der Duldung nach Lebach fahren mussten.
„Aus unserer Sicht ist die Vulnerabilität der Familie gegeben“, so Tobias Schunk abschließend. „Der Saarländische Flüchtlingsrat appelliert deshalb an Innenminister Reinhold Jost und die ihm unterstellte Ausländerbehörde aus humanitären Gründen diese Familie nicht nach Bulgarien abzuschieben, wo ihnen wie vielen anderen Geflüchteten Obdachlosigkeit, Armut und Gewalt drohen.“
„Das EU-Land Bulgarien ist kein guter Ort für Schutzsuchende“
„Tatsache ist: In Bulgarien steht ihnen als anerkannte Geflüchtete keine Unterkunft zur Verfügung. Tatsache ist weiterhin, dass aufgrund der bulgarischen Nicht-Integrationspolitik viele anerkannte Geflüchtete in Armut und Perspektivlosigkeit landen“, konstatiert Tobias Schunk. „Aus Recherche- und Erfahrungsberichten wissen wir, dass die Versorgung von Geflüchteten in Bulgarien keine menschenrechtlichen Mindeststandards erfüllt. Darüber hinaus sind Geflüchtete sehr oft von Gewalt durch staatliche Akteure betroffen.“
Titelbild © Saarländischer Flüchtlingsrat e.V.