Berufung gegen Freispruch für Şeyhmus Gökalp eingelegt

Gegen den Freispruch im Terrorprozess gegen den Arzt Dr. Şeyhmus Gökalp hat die Staatsanwaltschaft Diyarbakır Berufung eingelegt.

Das Urteil im Terrorverfahren gegen Dr. Şeyhmus Gökalp wird auf absehbare Zeit nicht rechtskräftig werden. Die Oberstaatsanwaltschaft von Diyarbakır (ku. Amed) hat Berufung gegen den Freispruch für den Arzt eingelegt. Damit geht der Prozess gegen Gökalp, der Ehrenratsmitglied des türkischen Ärzteverbands TTB ist und von 2014 bis 2018 die Zweigstelle in Amed leitete, in die nächste Runde.

Begründet wurde der Einspruch von Staatsanwalt Fatih Güngör mit Rechtsfehlern, allerdings ohne konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Entscheidung aufzuzeigen. Um die Berufungserklärung fristgerecht bei Gericht einzureichen, muss aber zunächst die schriftliche Urteilsbegründung vorliegen.

Die 10. Große Strafkammer zu Diyarbakır hatte Dr. Şeyhmus Gökalp am vergangenen Freitag von dem Vorwurf der Anklage freigesprochen, er sei Mitglied einer bewaffneten Terrororganisation. Das Kollegialgericht kam einstimmig zu dem Ergebnis, dass die Staatsanwaltschaft keine überzeugenden Beweise dafür vorlegen konnte, den 44-Jährigen nach Art. 314 Abs. 2 TCK (türkisches Strafgesetzbuch) zu verurteilen.

Konkret ging es bei der Organisation um den zivilgesellschaftlichen Dachverband „Demokratischer Gesellschaftskongress“ (ku. Kongreya Civaka Demokratîk, KCD), der in Nordkurdistan als Gerüst der demokratischen Gesellschaftsorganisierung gilt und in Verfahren gegen die kurdische Opposition immer wieder zu einer bewaffneten terroristischen Vereinigung umgewidmet wird. Trotz gegenteiliger Bewertung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Urteil zu Selahattin Demirtaş wurde der KCD von der türkischen Regierung als „PKK-Struktur“ deklariert – entsprechend ist die Behandlung durch die Justizbehörden.

Die Kriminalisierung des KCD geht einher mit einem politischen Vernichtungsfeldzug gegen den kurdischen Teil der Bevölkerung, der inzwischen seit 2015 andauert. Die Oberstaatsanwaltschaft von Diyarbakır glaubt zu wissen, dass die Plattform auf „Anordnung“ des inhaftierten PKK-Begründers Abdullah Öcalan mit dem erklärten Ziel, die „Einheit und Integrität des türkischen Staates“ und damit die Essenz des Türkentums zu zerstören, ins Leben gerufen wurde. Für Gökalp wurden bis zu fünfzehn Jahre Haft gefordert.