Eine Initiative von Angehörigen hat die internationale Öffentlichkeit zum Handeln für die Behdînan-Gefangenen aufgefordert. Mindestens 72 Gefangene, darunter Journalisten und Aktivisten, die teilweise seit über einem Jahr in Südkurdistan ohne Anklage in Untersuchungshaft sitzen, befinden sich seit dem 6. September in einem Hungerstreik. Damit protestieren sie gegen menschenunwürdige Haftbedingungen, schwerste Misshandlungen und Folter. Einige der Gefangenen haben bereits zuvor über einen längeren Zeitraum die Nahrung verweigert, mindestens vier von ihnen sind sogar in einem Todesfasten.
„Wir sind besorgt um unsere Familienmitglieder. Es gibt Gefangene, die auf unter 50 Kilogramm abgemagert sind“, erklärte Ayhan Saeed Omar am Wochenende in Hewlêr. Ihr Gesundheitszustand verschlechtere sich von Tag zu Tag massiv, einige der Gefangenen seien dem Tod beinahe näher als dem Leben. Omar ist Sprecher der Angehörigeninitiative der Behdînan-Gefangenen und Bruder des Aktivisten Shivan Saeed Omar, der im Februar wegen „Untergrabung der nationalen Sicherheit“ zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Im selben Verfahren, das international scharf kritisiert wurde, waren auch die Journalisten Sherwan Sherwani, Guhdar Zebari und Ayaz Karam sowie der Aktivist Hariwan Issa verurteilt worden.
„Als Initiative für die Rechte der Behdînan-Gefangenen appellieren wir an die Vereinten Nationen, das kurdische Regionalparlament, das Justizministerium, die irakische Regierung und Menschenrechtsorganisationen in Hewlêr und Bagdad: Üben Sie Druck auf die verantwortlichen Stellen aus und ermöglichen damit den Gefangenen die Wahrnehmung ihrer Rechte. Gegen keinen der Gefangenen liegt auch nur ein einziger Beweis vor“, so Omar. Konkrete Forderungen listet der Aktivist wie folgt auf:
*Besuchserlaubnis für Angehörige und Anwälte
*Verlegung der Gefangenen aus Asayîş-Gefängnissen in die reguläre Hafteinrichtung Gewran
*Beendigung der systematischen Verfahrensverschleppungen
*Zivilprozesse nach Presse- und Demonstrationsgesetz
Der Rechtsbeistand der Behdînan-Aktivisten hat der südkurdischen Regionalregierung schon mehrfach vorgeworfen, für systematische Misshandlung und Folter von politischen Gefangenen verantwortlich zu sein. Anfang August beklagten die Jurist:innen in einem Schreiben an den Präsidenten, das Parlament und die Menschenrechtskommission der Kurdistan-Region Irak (KRI) Gewalt, Folter und gezielte Repression an Gefangenen in Haftanstalten, die vom Inlandsgeheimdienst Asayîş betrieben werden. „Die Inhaftierung unserer Mandanten in diesen Einrichtungen ist illegal. Wir verlangen ihre umgehende Verlegung in reguläre Gefängnisse, die vom Ministerium für Arbeit und Soziales betrieben werden. Die Bedingungen in den Asayîş-Gefängnissen sind unvereinbar mit den Menschenrechten”, heißt es in dem Brief. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnete das Vorgehen gegen die Behdînan-Gefangenen im Juni in einem Bericht als „willkürliche Verhaftungen und gewaltsames Verschwindenlassen von Oppositionellen”.