Amnesty: Zahl der Hinrichtungen auf höchstem Stand seit 2017

So viele Exekutionen wie zuletzt 2017 zählt Amnesty International für das vergangene Jahr – die meisten davon in Iran, Saudi-Arabien und Ägypten. Doch auch andere Länder sind für den Anstieg weltweit verantwortlich.

Im vergangenen Jahr hat es nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International weltweit so viele Hinrichtungen gegeben wie seit fünf Jahren nicht mehr. 2022 erfolgten mindestens 883 Exekutionen in 20 Ländern – die höchste Anzahl seit 2017, wie es in dem am Dienstag veröffentlichten Bericht zur weltweiten Anwendung der Todesstrafe hieß.

Der Anstieg ist demnach vor allem auf Hinrichtungen in der Region Naher Osten und Nordafrika zurückzuführen. 90 Prozent der weltweit registrierten Exekutionen fanden in nur drei Ländern in der Region statt – Iran, Saudi-Arabien und Ägypten.

Allein in Iran gab es 2022 mindestens 576 Hinrichtungen. In Saudi-Arabien verdreifachte sich die Zahl von 65 Exekutionen im Jahr 2021 auf 196 im Jahr 2022. An nur einem einzigen Tag wurden 81 Menschen hingerichtet. Ägypten verzeichnete im vergangenen Jahr 24 Hinrichtungen. In den USA stieg die Zahl der Hinrichtungen von elf auf 18.

„Länder im Nahen Osten und in Nordafrika haben damit gezeigt, wie wenig Achtung sie vor Menschenleben haben. In der gesamten Region ist die Zahl der Menschen, denen das Leben genommen wurde, dramatisch gestiegen; in Saudi-Arabien wurden an nur einem einzigen Tag sage und schreibe 81 Menschen hingerichtet. Und der Iran hat in dem verzweifelten Versuch, den dortigen Massenprotesten ein Ende zu setzen, Menschen nur deshalb hinrichten lassen, weil sie ihr Recht auf Protest wahrgenommen haben”, sagte Agnès Callamard, die Internationale Generalsekretärin von Amnesty International in einer Aussendung.

Die höchste Anzahl an Exekutionen findet laut Amnesty in China statt – sie werden von den chinesischen Behörden allerdings nicht offiziell bestätigt. Auch wenn die genaue Zahl nicht bekannt ist, geht die Organisation von tausenden Hinrichtungen im Jahr aus – damit liegt China weit vor Iran, Saudi-Arabien, Ägypten und den USA. In Nordkorea und im Vietnam erfolgte Hinrichtungen werden laut der Menschenrechtsorganisation ebenfalls nicht öffentlich gemacht.

Auch in Afghanistan, Kuwait, Myanmar, dem Gazastreifen und Singapur wurden 2022 nach Unterbrechungen wieder Todesurteile vollstreckt. Mehr als verdoppelt habe sich gegenüber dem Vorjahr zudem die Zahl der Hinrichtungen wegen Drogendelikten. Laut Amnesty wurden allein in Iran deshalb 255 Menschen exekutiert, in Saudi-Arabien 57 und Singapur elf.

Allerdings geben auch immer mehr Länder die Todesstrafe auf. So haben sechs Länder diese im vergangenen Jahr vollständig oder zum Teil abgeschafft: In Kasachstan, Papua-Neuguinea, Sierra Leone sowie in der Zentralafrikanischen Republik wurde die Todesstrafe für alle Straftaten aufgegeben, in Äquatorialguinea und Sambia nur für gewöhnliche Verbrechen. Liberia und Ghana leiteten rechtliche Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe ein.

Foto: Auf einer Protestkundgebung für die „Sêdar-Gefallenen“ Shirin Alamhouli, Farzad Kamangar, Ali Heidarian und Farhad Vakili (kurdische politische Gefangene, die 2010 im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran gehängt wurden) in Stockholm am 9. Mai ist auch das Porträt des schwedisch-iranischen Staatsbürgers Habib Faradschollah Chaab zu sehen. Der Ahwazi war 2020 während einer Türkei-Reise in den Iran verschleppt worden und Anfang dieses Monats exekutiert worden.