70 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention

„70 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention sind nicht nur ein Grund zu feiern, sondern auch zur Empörung. Es ist unsere gesetzliche und moralische Pflicht, Menschen in Not Schutz zu bieten”, erklärt Sea-Eye anlässlich des 70-jährigen Bestehens der GFK.

Das „Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“, wie der eigentliche Titel der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) lautet, wurde am 28. Juli 1951 auf einer UN-Sonderkonferenz verabschiedet und ist seitdem das wichtigste Rechtsdokument für den internationalen Flüchtlingsschutz. Es definiert, wann eine Person als „Flüchtling“ gilt, und legt seine Rechte und Pflichten fest.

Sicherer Hafen für Geflüchtete in der EU

Besondere Bedeutung besitzt das Verbot der Ausweisung und Zurückweisung (Non-Refoulement). Dies besagt, dass Staaten keinen Flüchtling in ein Land ausweisen dürfen, in dem sein Leben oder seine Freiheit bedroht sind (Art. 33, GFK), erklärt der Regensburg Seenotrettungsverein Sea-Eye zum 70-jähriges Bestehen der GFK. Deshalb müssen flüchtende Menschen, die aus Seenot gerettet wurden, in einen sicheren Hafen in der Europäischen Union gebracht werden, um ihnen die Möglichkeit zu einem Asylantrag zu geben. 2012 verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Italien, da italienische Kriegsschiffe drei Jahre zuvor über 200 flüchtende Menschen nach Libyen zurückgebracht hatten, erinnert die Seenotrettungsorganisation.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

„Menschen, die aus dem Bürgerkriegsland Libyen fliehen, werden inhaftiert, fliehen erneut und werden abermals auf See gefangen genommen und in libysche Foltercamps zurückgebracht. Diese Flüchtlinge erleben einen Albtraum – einen abscheulichen Teufelskreis aus systematischem Missbrauch und Versklavung. Die EU erzeugt durch ihre Politik dieses Geschäftsmodell aus Menschenschmuggel und Pushbacks, das in Libyen betrieben wird. In Wahrheit sind es abscheuliche Verbrechen, nicht bloß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, sondern auch gegen die Menschlichkeit“, sagt Sophie Weidenhiller, Pressesprecherin von Sea-Eye e.V.

Weil Einsatzkräfte aus EU-Staaten Menschen nicht nach Libyen zurückbringen dürfen, beauftragt die EU die sogenannte libysche Küstenwache, die flüchtenden Menschen auf See abzufangen und in das Bürgerkriegsland zu verschleppen. So sind 2021 bereits über 11.000 Menschen illegal nach Libyen zurückgebracht worden. Diese Praxis ist ein massiver Angriff auf die Genfer Flüchtlingskonvention.

„70 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention sind nicht nur ein Grund zu feiern, sondern auch zur Empörung. Es ist unsere gesetzliche und moralische Pflicht, Menschen in Not Schutz zu bieten. Die EU tritt die Rechte von geflüchteten Menschen an ihren Grenzen mit Füßen. Wenn wir diese Menschen und ihre Rechte nicht schützen, verlieren wir die Genfer Flüchtlingskonvention. So ist dieses Jubiläum auch eine Mahnung zu schützen, was nicht verloren gehen darf, wenn wir uns eine humane Welt wünschen“, so Weidenhiller.

Titelbild: Pavel D. Vitko & sea-eye.org