68-Jähriger wegen Grabstein im Gefängnis

Wegen den Schriften und Symbolen darauf sei der Grabstein des Sohnes von Cemal Yıldız für terroristische Propagandazwecke geeignet, meinen türkische Behörden. Deshalb muss der 68-Jährige ins Gefängnis.

Am 21. November wurde Cemal Yıldız festgenommen. Gegen den 68-Jährigen, der aus der nordkurdischen Großstadt Wan (Van) stammt, lag nach Angaben türkischer Behörden eine Anzeige vor. Soldaten der Jandarma stürmten am Tag seiner Festnahme zunächst sein Haus im Landkreis Erdîş (Erciş), anschließend fand eine Razzia auf dem nahegelegenen Friedhof statt. Dort liegt sein Sohn Harun Yıldız (Nom de Guerre: Özgür Dildar) begraben, ein kurdischer Guerillakämpfer, der vor vier Jahren in Serêkaniyê (Ceylanpınar) im Kampf gegen die türkische Armee ums Leben gekommen ist. Weil die Schriften und ein Symbol darauf für „terroristische Propagandazwecke geeignet“ seien, wurde das Grabmal des Gefallenen beschlagnahmt. Aus dem selben Grund ordnete ein türkisches Gericht Untersuchungshaft gegen Cemal Yıldız an. Seit zwei Wochen sitzt der Rentner im Gefängnis.  

Zur Begründung wies das Strafgericht Erciş unter anderem auf die Aussagen von Cemal Yıldız hin. Dieser hatte während seiner Vernehmung angegeben, das Gedenkmal zu Zeiten der Waffenruhe in Auftrag gegeben zu haben. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass das Symbol -eine kurdische Fahne- mittlerweile wieder verboten ist. Auch habe er nicht gewusst, dass ein Foto seines Sohnes in Guerillakleidung strafrechtlich gegen ihn verwendet werden würde. Es sei schließlich die Grabstätte des Sohnes, ein Foto sei nur natürlich.

Nach Auffassung des Gerichts sei Cemal Yıldız dringend verdächtigt, mit dem Grabstein Terrorpropaganda begangen zu haben. Es bestehe in jedem Fall Haftgrund. Die Auswertung von Bildern des Grabmals sowie „Zeugenaussagen“ hätten dies zudem bestätigt, hieß es weiter. Ein Antrag des Rechtsbeistands des 68-Jährigen, den Renter gegen Meldeauflagen auf freien Fuß zu setzen, wurde als unzureichend abgewiesen. Die Anwälte haben bereits Berufung eingelegt. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, ist im Moment nicht absehbar.

Ganz in der Nähe der Grabstätte von Harun Yıldız liegt auch die Guerillakämpferin Fatma Inci (Amara Serhat) begraben. Sie wurde nach monatelangen Bemühungen ihrer Angehörigen nur einen Tag vor der Festnahme von Cemal Yıldız bestattet.