„Zwischen dem türkischen Staat und DAESH gibt es keinen Unterschied“

Der Ezide Sadun Mirza Ali wurde vom türkischen Staat getötet, sein Bruder von DAESH. In Şengal wächst die Wut auf das türkische Regime und den Barzanî-Clan, aber auch auf die als Agenten rekrutierten Informanten aus der eigenen Bevölkerung.

Völkermord an der ezidischen Gemeinschaft in Şengal

Parallel zu dem intensivierten diplomatischen Verkehr zwischen Ankara, Bagdad und Hewlêr (Erbil) hat der türkische Staat tödliche Angriffe im ezidischen Kerngebiet Şengal verübt. Am 29. Februar ist Sadun Mirza Ali vom Komitee der Gefallenenfamilien in Şengal bei einem gezielten Drohnenangriff ums Leben gekommen, am 8. März wurde der YBŞ-Kommandant Mecdel Feqîr von einer türkischen Drohne getötet.

Die demokratischen Institutionen und die Bevölkerung von Şengal halten an ihren Forderungen nach Selbstbestimmung fest, die ezidische Frauenbefreiungsbewegung TAJÊ hat eine internationale Kampagne ausgerufen. Vor allem im Rat der Angehörigen von Gefallenen ist die Wut auf den türkischen Staat und seine Kollaborateure vom Barzanî-Clan groß.


Dayê Pakîz ist Mitglied im Komitee der Gefallenenfamilien und hat sich gegenüber ANF zur Persönlichkeit und dem Kampf von Sadun Mirza Ali geäußert: „Sadûn war Mitglied des Komitees und arbeitete mit den Angehörigen von Gefallenen. Er wurde vom türkischen Staat und dessen Agenten gezielt ermordet, als ein Mensch, der Gutes tat und den Spuren der Gefallenen folgte. Bis 2017 war DAESH in der Region, unsere Kinder sind gefallen, aber es war für uns nicht so schmerzhaft wie heute. Damals wussten wir, dass es einen Feind gab, der Sprengfallen auf den Straßen und in den Häuser legte. Der Feind war in unserer Umgebung. Damals tat es weniger weh, wenn es Gefallene gab.“

Anstelle von DAESH („Islamischer Staat“) gebe es jetzt vom türkischen Geheimdienst MIT und der Barzanî-Familie rekrutierte Agenten in der Region, erklärte Dayê Pakîz und appellierte an die Bevölkerung: „Unser Wunsch ist es, dass alle Familien auf ihre Kinder achten. Niemand sollte das Blut von Menschen wie Sadun, Pîr Çeko, Seîd oder Dijwar vergießen. Niemand sollte sich für diese Morde rechtfertigen müssen, wenn er gefasst wird. Wir müssen wachsam sein und alle aufeinander achtgeben.“

Bruder vom IS getötet

Xidir Hemed hat viele Jahre mit Sadun Mirza im Komitee der Gefallenenfamilien zusammengearbeitet. „Heval Sadun arbeitete für die Familien von Gefallenen. Er war dem Vermächtnis der Gefallenen verbunden. Eines seiner Geschwister ist von DAESH getötet worden. Zwischen dem türkischen Staat und DAESH gibt es keinen Unterschied. Wir haben nicht damit gerechnet, dass unser Komitee zum Angriffsziel wird. Unsere Einrichtung setzt sich für Menschen ein, deren Angehörige unsere Mütter und Schwestern gerächt haben und bei der Verteidigung von Şengal gefallen sind. Heval Sadun hat niemandem etwas zuleide getan. Er war ein Mensch mit Überzeugungen, für die er sich eingesetzt hat“, berichtete Hemed.