Vor den Kommunalwahlen am 31. März herrschten in Nordkurdistan so gut wie keine demokratisch legitimierten Bürgermeisterinnen oder Bürgermeister. Die 2014 gewählten Ko-Bürgermeister*innen waren im Zuge des Ausnahmezustands von der Zentralregierung in Ankara per Dekret abgesetzt und durch sogenannte Treuhänder ersetzt worden. Diese Zwangsverwalter demontierten innerhalb kürzester Zeit die Errungenschaften und Dienstleistungen der Stadtverwaltungen. Kommunen, die ohne Schulden übernommen wurden, sind in tiefe Verschuldung gestürzt worden.
Auch in der nordkurdischen Kreisstadt Gever (Yüksekova, Provinz Colemêrg/Hakkari) wurden im Dezember 2016 die Bürgermeister*innen der Partei der Demokratischen Regionen (DBP) durch staatlich eingesetzte Treuhänder ausgetauscht. Mit 66,1 Prozent der Stimmen ging die HDP mit ihren Kandidat*innen Remziye Yaşar und İrfan Sarı als Siegerin aus den Kommunalwahlen vor drei Wochen hervor.
Seit beide vor fünf Tagen in ihrem Amt offiziell bestätigt wurden, laufen die Recherchen über die Plünderung der Kommunalverwaltung. Gestern wurden schließlich im Rahmen einer Pressekonferenz erste Ergebnisse der Überprüfung bekannt gegeben. Remziye Yaşar und İrfan Sarı erklärten, die Kreisverwaltung mit einem Schuldenberg von 680 Millionen TL (etwa 104 Millionen Euro) übernommen zu haben. Die Summe setzt sich nach Angaben der Ko-Bürgermeister*innen aus Krediten zusammen, die für Projekte für Trinkwasser- und Abwasseranlagen bereitgestellt worden sein sollen. Die monatlichen Raten fließen offenbar von der Landesbank direkt an die Kreditgeber. Einen detaillierten Bericht über die systematische Verschuldung der Kommune wird die Stadtverwaltung in den nächsten Tagen veröffentlichen.