Einen Monat nach den Parlamentswahlen im Juni 2015 verkündete Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan das Ende des Friedensprozesses der türkischen Regierung und der PKK. Prompt ging die AKP wieder zur Strategie des Staatsterrors gegen die kurdische Bevölkerung über. Es folgte eine über mehrere Monate andauernde Militärbelagerung in Städten wie Amed (Diyarbakir), Şirnex (Şırnak), Cizîr (Cizre) und Nisêbîn (Nusaybin), der Hunderte Menschen zum Opfer fielen. Vier Jahre danach ist die genaue Zahl noch immer nicht bekannt.
„Die Menschheitsgeschichte ist voller Beispiele von unvergessenen Widerstandskämpfen und zahlreiche von ihnen haben sich inmitten der Städte, Haus um Haus, Straßenzug um Straßenzug abgespielt“, erklärt die Koordination der Zivilen Verteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Sivîl / YPS) anlässlich des vierten Jahrestags des Selbstverwaltungswiderstands in Nordkurdistan.
Weiter heißt es in der Erklärung: „So haben 1848 in Frankreich und Deutschland die Völker für ihre Freiheit hinter den Barrikaden Widerstand geleistet. 1871 haben großartige Widerständige für die Pariser Kommune gekämpft und unter Einsatz von großen Opfern ihren Werte bis zum Schluss verteidigt. Im Zweiten Weltkrieg haben überall in Europa kommunistische Partisanen gegen den Hitler-Faschismus in den Städten und auf den Feldern gekämpft. Der Geist der Kommune wurde mal in Europa, mal in Afrika oder in Fernostasien verteidigt. Und zuletzt wurde er in Kurdistan verteidigt.“
In der Erklärung der YPS heißt es weiter, dass die „Fahne der Freiheit in Würde und mit Stolz in Kurdistan weiter aufrechtgehalten“ wird. Die Widerstände in der Menschheitsgeschichte seien das kollektive Erbe, auf dem der Widerstand von Kurdistan fußt. „Hier wurde die Realität eines 40 Jahre andauernden Widerstands gegen den türkischen Faschismus geschaffen. Hier wurde mit dem Kampf gegen den barbarischen IS ein Stück Widerstandsgeschichte in Şengal und Kobanê geschrieben. Es wurden große Opfer aufgebracht. Viele Heldinnen und Helden haben in diesem Widerstand ihr Leben gelassen“, so die YPS weiter.
Am 2. Dezember 2015 hat der türkische Staat angefangen, zahlreiche nordkurdische Städte vom Boden und aus der Luft anzugreifen. Die Zivilen Verteidigungseinheiten und die Zivilen Frauenverteidigungseinheiten (YPS-Jin) leisteten teils über Monate hinweg erbitterten Widerstand gegen diese Angriffe. Hierzu heißt es in der Erklärung: „Der türkische Staat hat an jenem Tag mit der Belagerung der Bevölkerung begonnen, um unseren Freiheitswillen zu brechen. Doch unsere Einheiten haben ohne Zögern einen großen Widerstand geleistet. Mit 50- bis 60-köpfigen Gruppen wurden die Städte gegen ein Heer von tausenden Soldaten einer faschistischen Armee, das mit der Luftwaffe, mit Panzern und jeglicher militärischer Technik zum Angriff ansetzte, über lange Zeiträume verteidigt. Unter unserem Kommandanten Çiyager wurde im Stadtteil Sur in Amed (Diyarbakir) über 105 Tage hinweg der längste Städtewiderstand aufrechtgehalten. In Cizîr (Cizre) wurde der Widerstand durch unsere Freundinnen Ruken und Arjîn angeführt. In Silopiya (Silopi) waren es Eriş, Sewe, Pakize und Fatma, die bis zu ihrem letzten Atemzug gegen den Faschismus Widerstand leisteten.“
Zum Abschluss ihrer Erklärung gedenken die YPS allen Gefallenen des Städtewiderstands in Nordkurdistan und erklären, dass sie ihren Kampf fortführen werden, bis die Freiheitsideale ihrer verstorbenen Weggefährten erfüllt sind.