Türkische Aufklärungsflüge über Camp Mexmûr

Über dem kurdischen Flüchtlingscamp Mexmûr im Nordirak kreisen Aufklärungsdrohnen türkischer Herkunft. Früher am Tag war es in Şengal bereits zu einem Drohnenangriff gekommen.

Über dem kurdischen Geflüchtetenlager Mexmûr im Norden des Iraks kommt es zu intensiven Luftaktivitäten. Seit dem Nachmittag des Dienstags kreisen Aufklärungsdrohnen mutmaßlich türkischer Herkunft ohne nennenswerte Unterbrechung über dem Camp, wie die Lagerverwaltung mitteilt. Die Luftbewegungen der Maschinen über der Region geben Anlass zur Besorgnis.

Früher am Tag war weiter nordwestlich im ezidischen Hauptsiedlungsgebiet Şengal ein Drohnenangriff verübt worden. Der Kampfbomber der türkischen Armee zielte in der Kleinstadt Xanesor auf ein Haus, das sich noch im Bau befindet. Menschen wurden nicht verletzt, der Angriff führte jedoch zu Sachschaden. Die Sicherheitsbehörden der irakischen Zentralregierung haben eine Kommission nach Şengal entsandt und führen Untersuchungen durch.

Mexmûr im Visier des türkischen Staates

Camp Mexmûr liegt etwa 60 Kilometer südwestlich von Hewlêr (Erbil), der Hauptstadt der Kurdistan-Region Irak. In dem Lager leben mehr als 12.000 Menschen. Die meisten von ihnen waren in den 1990er Jahren aufgrund der Repression des türkischen Staates und der Politik der verbrannten Erde gezwungen, ihre Dörfer in Nordkurdistan zu verlassen. Nach einer mehrjährigen Odyssee und Aufenthalten in verschiedenen Camps haben sie 1998 am Rand der Wüste das Lager Mexmûr gegründet. Die Campbevölkerung bildet damit die größte kurdische Flüchtlingsgemeinschaft weltweit.

Drohnenangriffe auf Flüchtlinge

Der Türkei ist das basisdemokratisch organisierte und selbstverwaltete Camp ein Dorn im Auge. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Luftschlägen auf Mexmûr, zuletzt im August 2022. Dabei war ein sechsfacher Familienvater von einer Drohne getötet worden. Bei einem Luftangriff drei Monate zuvor war ebenfalls ein Zivilist von der türkischen Armee tödlich verletzt worden. Diese Kriegsverbrechen sind bis heute ohne Konsequenzen geblieben.

Offiziell unter UN-Schutz

Offiziell steht Mexmûr unter dem Schutz des UNHCR, praktisch sind die Vereinten Nationen allerdings nur noch nominell präsent. Die Organisation verließ das Lager bei den Angriffen der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) im Jahr 2014 und kehrte danach nicht mehr zurück.