Am Sonntag sind in der nordkurdischen Provinz Wan (Van) dreizehn Schutzsuchende in einen Schneesturm geraten und ums Leben gekommen. Dies sind keine Einzelfälle. Auf der Flucht vor Kriegen und diktatorischen Regimen im Mittleren Osten und Zentralasien versuchen jeden Tag Hunderte Schutzsuchende über die türkisch-iranische Grenze, die Nord- und Ostkurdistan trennt, zu gelangen. Dutzende von ihnen erfrieren insbesondere in den Wintermonaten in der hochgebirgigen Grenzregion. In den vergangen zwölf Monaten wurden 50 erfrorene Schutzsuchende registriert. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen, denn aufgrund des EU-finanzierten Ausbaus der Grenzbefestigungen müssen Flüchtlinge auf immer gefährlichere Routen ausweichen. Doch damit nicht genug; im Juli kamen in Wan bei einem Unfall mit einem Kleinbus mit Schutzsuchenden 15 Menschen ums Leben. 27 weitere Flüchtlinge wurden verletzt.
30 erfrierende Schutzsuchende entdeckt
In der Nähe der Kreisstadt Westan (Gevaş) in der nordkurdischen Provinz Wan wurden mehr als 30 erfrierende Flüchtlinge am Ufer des Wan-Sees entdeckt. Sie wollten Berichten zu Folge mit einem Boot nach Bedlîs (Bitlis) ins Landesinnere übersetzen. Die Schutzsuchenden wurden jedoch am Ufer zurückgelassen und standen kurz vor dem Kältetod, als sie gerettet werden konnten.
„Tödliche Sicherheitsmaßnahmen“
Murat Melet vom Menschenrechtsverein IHD beschreibt die Grenze bei Wan als eine der gefährlichsten. Das läge einerseits an den massiven Sicherheitsvorkehrungen und andererseits an den klimatischen und geographischen Bedingungen. Laut Melet sind in den letzten drei Jahren Hunderte Schutzsuchende in der Region erfroren. „Ihre Leichen tauchen häufig erst nach der Schneeschmelze auf. Es ist kein Verbrechen, Flüchtling zu sein. Aber Flüchtlinge zu missachten und sie dem Tod zu überlassen, das ist ein Verbrechen gegen die Menschheit. Ich lade alle Staaten ein, ihre Aufgaben als Staat zu erfüllen und die Flüchtlingsrechte und Menschenrechte zu respektieren. Das Recht auf Leben ist heilig.“