Dersim ist für seine hohen Berge bekannt und gilt mit seiner Vergangenheit als wichtiger und heiliger Ort für die Kurden. Die Berglandschaft ist für die dort lebenden Menschen seit Jahrhunderten ein Schutzraum. In der Region haben weder die Angriffe der Herrschenden aufgehört noch der Widerstand der Bevölkerung. Es ist das Land der Berge, die Stätte von Seyit Riza und Menschen wie Alişer und Zarife. Es ist die Heimat von Sara, Bêrîtan, Polat, Munzur und Tausenden Gefallenen Kurdistans. Hier hat die legendäre Guerillakämpferin Zîlan 1994 eine Selbstaufopferungsaktion gegen den türkischen Staat durchgeführt. Diese Aktion war wie ein Vorschlaghammer, der das Herz des Feindes getroffen hat.
Reise nach Dersim
Wenn ich die Gelegenheit finde, besuche ich Dersim jedes Jahr. In Amed ist es sehr heiß, vor der Fahrt nach Dersim ist das Thermometer auf 43 Grad gestiegen. Mit einer Gruppe Freundinnen und Freunde mache ich mich von Amed aus auf den Weg zu unserem Jahresurlaub in Dersim. Wir fahren ohne Zwischenstopp über Xarpêt (türk. Elazığ). Dort ist es genau so heiß und wir biegen auf die Straße nach Pêrtag (Pertek) ab. Dafür müssen wir mit einer Fähre den Stausee überqueren. Die Schreie der Möven begleiten uns auf unserem Weg.
Auf der anderen Seite erwarten uns die Berge von Dersim in all ihrer Pracht. Nach der Hitze von Amed und Xarpêt fühlt sich die Luft hier kühler an. Wir fahren über die Stadt Dersim weiter Richtung Pilamor (Pülümür). Wer nach Dersim reist, trifft unvermeidlich auf die Flüsse Munzur, Pilamor oder Peri. Am Pilamor-Bach halten wir an. Das Wasser kommt direkt aus den Bergen, das Ufer ist mit verschiedenen Pflanzen bewachsen.
Nach kurzer Pause geht es weiter zum Munzur-Berg und den Hochweiden. Auf den Berggipfeln Buyer Ana und Meydan liegt immer noch Schnee. Die im März und April auf den Berghängen Dersims blühenden Tulpen verblühen im Juni. In der gesamten Region fällt die Arbeit von Frauen auf. Fast alle Gewerbetreibende sind Frauen.
Um von Pilamor nach Pilûr (Ovacık) zu kommen, fahren wir wieder durchs Zentrum von Dersim. Kurz vor dem Zentrum treffen wir auf das Friedensdenkmal. Die Landschaft ist atemberaubend schön. Laut Forschungsberichten gibt es in der Türkei über 13.000 Pflanzensorten, von denen mehr als 3000 endemisch sind. In Dersim gibt es 1600 Pflanzen, von denen 293 endemisch sind. Die Region ist berühmt für ihren Honig. Auf den Hochweiden halten sich nicht nur Menschen aus Dersim auf, auch aus anderen Regionen Kurdistans kommen Besucher. Nach Angaben der Nomaden, die im Sommer auf den Almen leben, leiden sie unter der politischen Atmosphäre und der häufigen Sperrung der Hochweiden.
Der türkische Staat greift Dersim, seine Natur und die alevitische Glaubensgemeinschaft ständig und mit verschiedenen Methoden an. Aktuell geht es um die Kommerzialisierung der Munzur-Quellen in Pilûr, die für die Aleviten einen heiligen Ort darstellen. Der Zugang ist nur noch eingeschränkt möglich, das Gelände wird von Soldaten und Polizisten belagert. Trotzdem ist Dersim immer noch von paradiesischer Schönheit.