Internationalistische Kommune gedenkt Seyit Riza

Am 15. November 2019 hat sich zum 82. Mal die Hinrichtung von Seyit Riza durch den türkischen Staat gejährt. Die internationalistische Kommune von Rojava hat einen Artikel geschrieben, um an ihn und seinen Kampf gegen die Unterdrücker zu erinnern.

Seyit Riza (1863 -1937) war ein alevitischer, zazakurdischer politischer Anführer aus der Region Dersim in Nordkurdistan (heute Teil des türkischen Staates). Er ist in der kurdischen Befreiungsbewegung bekannt als Anführer der Dersim-Rebellion, einem militärischen Aufstand, der in den Jahren 1937 und 1938 stattfand, um gegen die Unterdrückung des kurdischen Volkes durch den türkischen Staat zu protestieren. Dieser Aufstand war der 27. kurdische Aufstand seit der Gründung des türkischen Staates 1923 und der letzte des 20. Jahrhunderts bis zur Gründung der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und dem Beginn ihres bewaffneten Kampfes 1984.

Der Dersim-Aufstand findet in der Kontinuität der zahlreichen kurdischen Aufstände statt, die dem Prozess der türkischen Nationalstaatsbildung nach dem Fall des Osmanischen Reiches folgten. All diese Aufstände wurden durch die Türkisierung des Landes durch seinen ersten Präsidenten Mustafa Kemal Atatürk verursacht. Von seinem Amtsantritt 1923 bis zu seinem Tod 1928 verfolgte letzterer eine repressive Politik der Homogenisierung des Landes, indem er die türkische ethnische Identität in allen Aspekten des gesellschaftlichen Lebens durchsetzte: von der Sprache, die die Menschen auf der Straße sprechen, bis zur Sprache, die an Schulen gelehrt wird, von der Bildung bis zum Arbeitsleben, vom Handwerk bis zu den Staatsbeamt*innen, vom Zivilrecht bis zur Ansiedlung der Bürger*innen in bestimmten Regionen (man beachte, dass sich diese Politik überhaupt nicht geändert hat und weiterhin in der heutigen Politik Erdogans lebt....). Viele Minderheiten haben dagegen protestiert, aber ihre Revolten sind alle im Blut ertrunken.

Dennoch war die für ihren rebellischen Charakter bekannte Bergregion Dersim (elf Aufstände haben in den letzten 40 Jahren stattgefunden) bis 1936 von den Assimilationskampagnen des türkischen Staates wenig betroffen. Die dort lebenden Stämme der Kurd*innen und Zazas lehnten die türkische Regierung ab und weigerten sich auch, Steuern zu zahlen. Ihre Einmischung war so groß, dass Atatürk Dersim als das wichtigste innenpolitische Problem des Landes ansah.

Um dem Widerstand von Dersim ein Ende zu setzen, ernannte Atatürk General Abdullah Alpdoğan zum Verantwortlichen für die Region, indem er ihm die Autorität gab, Menschen ins Exil zu schicken, wenn jemand die Assimilation verweigern würde. Um dies zu ermöglichen, wurden um Dersim herum mehrere militärische Beobachtungsposten gebaut und immer mehr türkische Soldaten in die Region gebracht. Man sagt, dass jeden Tag Flugzeug über Dersim geflogen ist.

Als die Spannungen zwischen den türkischen Soldaten und der Bevölkerung immer größer wurden, beschloss Seyit Riza einen seiner eigenen Söhne zu schicken, um mit General Alpdoğan zu verhandeln, um einen Krieg zu vermeiden und die Bevölkerung und ihre Rechte zu schützen. Aber letzterer tötete den Abgesandten. Als Reaktion auf den Tod seines Sohnes beschloss Seyit Riza, die Clanführer von Dersim zu rufen, und Anfang 1937 schlossen sie sich zusammen, um dem türkischen Angriff zu begegnen. Die erste Aktion war der Angriff auf einen Polizeikonvoi.

Die türkische Armee versuchte auf direkten Befehl Atatürks, die Rebellen mit Gewalt zu brechen und entsandte mehr als 25.000 Soldaten, die durch Flugzeugbombardements unterstützt wurden. Aber die Kämpfer von Seyit Riza wehrten sich heftig und weigerten sich, sich zu ergeben. Sie kämpften so heftig, dass die türkische Armee sie austricksen musste, um den Widerstand zu beenden.

Im Herbst 1937 lud General Alpdoğan Seyit Riza ein, um über ein Friedensabkommen zu diskutieren. Als Seyit Riza dorthin ging, wurde er zusammen mit seinem 16 Jahre alten Sohn und acht seiner Männer gefangen genommen. Eine so tückische Handlung war in den damaligen Ehrenregeln und Traditionen so unvorstellbar, dass man sagt, Seyit Riza habe nur die folgenden Worte gespuckt: „Regierung ohne Ehre und hinterhältig!”

Nach acht Tagen wurden sie alle gehängt. Vor seiner Hinrichtung waren die letzten Worte von Seyit Riza: „Ich bin jetzt 75 Jahre alt. Ich werde als Märtyrer fallen und mich den Märtyrern von Kurdistan anschließen. Dersim hat verloren, aber die Kurden und Kurdistan werden gewinnen. Die Kinder in der Wiege (kurdische Jugend) werden sich für mich rächen. Verflucht seien die Unterdrücker, verflucht seien die abscheulichen und hinterhältigen Verräter.”

Nach seinem Tod dauerte der Widerstand noch ein weiteres Jahr an. Aber die Grausamkeit der Unterdrückung, die in Dersim stattfand, wo Männer, Frauen und Kinder von türkischen Soldaten massakriert wurden, beendete die Rebellentruppen. Offiziellen Berichten zufolge wurden mehr als 10.000 Zivilist*innen massakriert und mehr als 11.000 ins Exil gebracht, wodurch die Provinz entvölkert wurde. Viele Rebellen, die sich ergeben hatten, wurden hingerichtet, und Frauen und Kinder wurden lebendig verbrannt. Von 1937 bis 1938 wurden bis zu 70.000 Kurd*innen getötet.

Nach dieser Episode war der Keil in der Bevölkerung so groß, dass er die 27 aufeinander folgenden kurdischen Revolten des 20. Jahrhunderts bis zur Entstehung der PKK und dem Wiederaufleben des Widerstands beendete. Anlässlich des 82. Todestages gedenken wir nun Seyit Riza und den Stammesführern von Dersim, und wir bekräftigen unser Versprechen, dass wir ihr Streben nach einem freien Leben unter Achtung der eigenen Identität, Kultur und Weltanschauung verwirklichen werden. Sehid Namirin!