Heftanîn: Erbitterter Kampf – Gipfel um Gipfel
Kleinsten Guerillaeinheiten gelingt es in Heftanîn unter dem Einsatz neuer Taktiken, der türkischen Armee schwere Verluste zuzufügen und das Absetzen von Truppen aus Hubschraubern massiv zu behindern.
Kleinsten Guerillaeinheiten gelingt es in Heftanîn unter dem Einsatz neuer Taktiken, der türkischen Armee schwere Verluste zuzufügen und das Absetzen von Truppen aus Hubschraubern massiv zu behindern.
Seit dem 16. Juni leistet die Guerilla erbitterten Widerstand gegen die türkischen Invasionsversuche in der südkurdischen Region Heftanîn. Ein Hauptfaktor für den erfolgreichen Widerstand der Guerilla in Heftanîn ist ihre Entschlossenheit. Die Kämpferinnen und Kämpfer der Volksverteidigungskräfte HPG und der Frauenguerilla YJA-Star sind bereit, unter jeder Bedingung weiterzukämpfen. Sie schlagen in hochmobilen Kleinsteinheiten zu und es gelingt Kampfgruppen aus ein oder zwei Guerillakämpfer*innen, der türkischen Armee schwerste Verluste zuzufügen.
Hier ist Heftanîn
Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu hat im Vorfeld des Angriffs auf Heftanîn Gespräche mit der irakischen Regierung, der kurdischen Regionalregierung und turkmenischen Organisationen im Irak geführt. Anschließend soll es am 12. Juni 2020 geheime Treffen zwischen dem MIT-Chef Hakan Fidan und der südkurdischen Regionalregierung sowie der irakischen Zentralregierung gegeben haben. Bereits zuvor standen die Angriffe auf Qendîl und Zînê Wertê auf der Tagesordnung. Nur drei Tage nach dem 12. Juni erfolgten die Angriffe auf Mexmûr, Şengal und die Medya-Verteidigungsgebiete. Der Widerstand gegen die Invasion begann offiziell am 16. Juni. An dem Tag zog der türkische Staat Truppen zusammen und griff Heftanîn an.
Xantûr – In einer Nacht 50 Mal bombardiert
Der Xantûr-Gipfel in Heftanîn wurde in einer einzigen Nacht 50 Mal bombardiert. Die Guerilla erlitt dabei keine Verluste. Die türkische Armee versuchte vier Mal Truppen auf dem Şehîd-Adar-Gipfel abzusetzen, musste sich jedoch trotz Unterstützung durch Cobra-Kampfhubschrauber jedes Mal wieder zurückziehen. Überall, wo Truppen abgesetzt werden sollten, erlitt die türkische Armee schwere Verluste. Trotz weit entwickelter Waffentechnologie konnte das hochgerüstete Militär die Angriffe der Guerilla nicht stoppen und sich ohne Drohnen nicht bewegen.
Der türkische Staat greift mit Unterstützung durch Kontras und Kollaborateure an
Die Guerilla kämpft jedoch nicht nur gegen die türkische Armee. Der türkische Staat greift Heftanîn mit Hilfe von Kontras, internationalen Kräften und Kollaborateuren an. Immer wieder finden Guerillakämpfer*innen in überrannten türkischen Stellungen ehemalige IS-Dschihadisten aus den Reihen der sogenannten Syrischen Nationalarmee (SNA). An den Zugängen zur Region Heftanîn wurden irakische Grenztruppen und mit der türkischen Armee kollaborierende PDK-Peschmerga stationiert. Die irakische Regierung behauptet, diese Grenzwächter seien dort stationiert worden, um den türkischen Vormarsch zu stoppen. Es ist jedoch mehr als verdächtig, dass diese Truppen in Şabanike, Derkare, Bosele, Kêre und Seqir einzig und allein Straßen ausbauen, ihre Stellungen befestigen und die Wege nach Heftanîn kontrollieren, aber nichts gegen die türkische Invasion unternehmen. Die gleichzeitigen Gespräche mit dem türkischen Staat verstärken diese Verdachtsmomente noch.
Südkurdische Regierung stellt eigene Interessen über die der Bevölkerung
Die südkurdische Regierung hat immer ihre eigenen Interessen über die des kurdischen Volkes gestellt. Die Zukunft der Familie Barzanî ist ihr wichtiger als die Zukunft Kurdistans. Es ist klar, dass sie sich mit der Türkei verständigt hat. Regierungsvertreter haben Dörfer besucht und gefordert, dass die Bevölkerung diese verlässt. Nach der Räumung der Dörfer wurden diese Orte eingekreist und bombardiert. Viele Orte sind auf diese Weise entvölkert worden, manche bereits vor der Invasion, andere während der Militäroperation. Die Dörfer Şilanê, Rûsê, Solê, Keşan, Boselê, Mininê, Keşan und Evlehe wurden geräumt. Manche wurden aufgrund der Bombardierungen verlassen, andere wegen des Drucks der PDK oder einfach weil ein Leben dort nicht mehr möglich war. Keines der Dörfer wurde verlassen, weil sich die Bewohner*innen von der Guerilla gestört fühlten. Die Vertriebenen sehen, abgeschnitten von ihren Produktionsmitteln und ihren Häusern, einer ungewissen Zukunft in den Slums der Städte entgegen.
Guerillawiderstand erfolgreich
HPG und YJA-Star haben sich taktisch reorganisiert. Insbesondere dieses Frühjahr griff die Restrukturierung in allen Bereichen. Die Erneuerung reicht von der ideologischen Komponente bis hin zu neuen Taktiken der Bewegung, der Aktion und des Denkens.
Die Region Xantûr ist aufgrund ihrer Höhe und ihrer Grenzlage besonders bedeutend. Sie verbindet Rojava, Nord- und Südkurdistan. Es finden dort ebenso wie in Bektorya, Şehîd Adar, Şehîd Bêrîwan, Dûpişk und Şeşdare heftige Gefechte statt. Die Gipfel Şehîd Adar, Qesroke, Koordine, Şeşdara, Şehîd Hamza und Xantûr wurden unter massivem Technikeinsatz und schweren Verlusten besetzt. Zwischen der Guerilla und der Armee finden weiterhin schwerste Kämpfe statt.
Die Linie des Widerstands wurde von den Guerillakämpfern Mazlûm und Egîd vorgelebt. Sie waren in der Nacht des ersten Angriffs auf dem Dûpişk stationiert und es gelang ihnen, die türkische Armee daran zu hindern, Truppen abzusetzen. Zwei Guerillakämpfer hielten die zweitgrößte NATO-Armee auf. In Qesroke kämpften ebenfalls nur zwei Guerillakämpferinnen, Memyan und Amara Roj. Sie konnten den Angriff bis zu ihrem Tod zurückhalten und fügten der türkischen Armee schwere Verluste zu. Auf den Gipfeln waren keine Einheiten oder Bataillone stationiert, zwei Guerillakämpfer*innen reichten aus. Memyan kämpfte bis zu letzten Patrone und zündete anschließende eine Bombe. So konnte sie das Absetzen von Truppen verhindern. Die Kämpferin Zerya wurde alleine zum Albtraum der Invasoren. Auch sie verhinderte das Absetzen von Truppen.
Jeder Gipfel, der eingenommen wurde, kostete die türkische Armee einen hohen Preis, und so geht es immer noch weiter. Bisher wurden mehr als 200 Angehörige der Invasionstruppen getötet, 18 Guerillakämpfer*innen sind gefallen. Das zeigt, wer die Kontrolle in Heftanîn hat.