Familien von Flüchtlingen protestieren gegen Regierung

Im südkurdischen Ranya haben Familien von Geflüchteten, die auf dem Weg nach Europa gestorben sind, gegen die Gleichgültigkeit der Regierung gegenüber den Forderungen der Bevölkerung nach einem menschenwürdigen Leben protestiert.

In der südkurdischen Stadt Ranya haben Angehörige von Geflüchteten, die auf dem Weg in ein besseres Leben in Europa gestorben sind, gegen die politische Elite in Hewlêr protestiert. Die Wut der Menschen richtete sich gegen die Gleichgültigkeit der Regierung gegenüber den Forderungen der Bevölkerung nach einem menschenwürdigen Leben, fasste der Aktivist Karzan Mihemed bei der Aktion auf dem Platz „Baxê Giştî“ zusammen. „Wir ertragen es nicht, dass angesichts so vieler Todesfälle bei der politischen Führung weiterhin Teilnahmslosigkeit herrscht und die Fluchtursachen nicht angegangen werden. Diese Haltung deutet darauf hin, dass die Herrschenden den Tod von ihren Bürgerinnen und Bürgern billigend in Kauf nehmen“, kritisierte Mihemed.

Karwan Mihemed

Im vergangenen Jahr haben Zehntausende politische Geflüchtete und Menschen auf der Suche nach einer besseren Zukunft Südkurdistan in Richtung Europa verlassen. Sie sind unzufrieden mit der Korruption, der Vetternwirtschaft und der hohen Arbeitslosigkeit im Land und sehen für sich und ihre Kinder keine Zukunft. Dutzende bezahlten ihren Fluchtversuch mit dem Leben – im Ärmelkanal oder an den EU-Außengrenzen in Belarus und im Mittelmeer. Ende November waren 27 Menschen an der Meerenge zwischen Frankreich und England ertrunken, nachdem ihr Boot kenterte. Bei einem Großteil der Geflüchteten handelte es sich um Kurdinnen und Kurden, acht von ihnen stammten aus Ranya.

Teilnehmende tragen Fotos von kurdischen Geflüchteten, die auf dem Weg nach Europa gestorben sind

Das Leben der Bevölkerung ist der Regierung nichts wert

„Niemand setzt sich leichtfertig auf ein Boot. Ohne schwerwiegenden Grund setzt niemand alles aufs Spiel, sogar das eigene Leben und das der eigenen Kinder. Doch das interessiert unsere politische Führung offenbar nicht“, sagte Karzan Mihemed. Die Regierung nehme sich trotz der Katastrophe vom Ärmelkanal und dem Drama an der polnisch-belarussischen Grenze weiterhin nicht der Minderung der Ursachen von Flucht an. Das Leben der Bürgerinnen und Bürger scheine für Hewlêr nichts wert zu sein, so der Aktivist. Bis heute gebe es auf Regierungsebene kein einziges Wort der Trauer für die Opfer des Bootsunglücks im Ärmelkanal. „Wie sollte es denn auch, wenn sich Hewlêr nicht verantwortlich für Fluchtursachen und die Massenabwanderung sieht?“