In Kurdistan und der Türkei herrschen Arbeitslosigkeit und Armut. Fast täglich kommt es aufgrund von ökonomischen Problemen zu Selbstmorden. Immer mehr Menschen können ihren Lebensunterhalt nicht mehr aufbringen, Millionen leben an der Hungergrenze. Die Regierungskoalition aus AKP und MHP verbreitet Meldungen über Wohlstand und allgemeine Zufriedenheit. Fragt man jedoch auf der Straße nach, wird deutlich, dass die Bevölkerung das anders sieht.
In Amed (tr. Diyarbakir) sind vor allem junge Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen. Wir haben mit einigen von ihnen gesprochen.
Eren Fidanboy: Ich fühle mich, als ob ich gar nicht mehr leben würde. Meine Taschen sind leer. Ich bin vor vier oder fünf Monaten entlassen worden und kann nicht einmal mehr Brot nach Hause bringen. Beim Arbeitsamt wird mir gesagt, dass es keine Arbeit für mich gibt. Für mich gilt eine Altersgrenze, weil ich 29 Jahre alt bin, werde ich nirgendwo eingestellt. Mir ist jede Lebensfreude genommen worden. Wir sind neun Personen zu Hause, ich bin verheiratet und habe drei Kinder. Der Mindestlohn beträgt 2.800 TL, aber es gibt keine Arbeit zum Mindestlohn. Als ich noch gearbeitet habe, hat mein Lohn gerade für Miete und die laufenden Rechnungen gereicht. Weil ich die Miete nicht mehr zahlen kann, sind wir zu meinen Eltern gezogen.
Şeyhmuz Kaya: Ich frage seit zehn Jahren beim Arbeitsamt nach, aber ich bekomme keine Arbeit. Es werden immer die eigenen Bekannten eingestellt, alles läuft über Beziehungen. Ich lasse mich immer wieder als arbeitssuchend registrieren, aber es passiert nichts. Innerhalb der letzten zehn Jahre habe ich nur als Lastenträger gearbeitet, eine andere Arbeit habe ich nicht gefunden. Durch die schweren Lasten bin ich krank geworden. Wir leben von der Rente meines Vaters. Selbst wenn mich das Arbeitsamt einladen würde, würde ich inzwischen nicht mehr hingehen.
Zeki Bozan: Die Armut macht sich nicht nur bei mir bemerkbar, sondern bei unserem ganzen Volk. Die wirtschaftliche Lage bessert sich nicht. Darunter leiden alle, so auch ich. Wir versuchen, irgendwie zurechtzukommen, sparen hier und da und leben weiter. Ein AKP-Abgeordneter hat behauptet, dass selbst Pförtner ein Auto vor der Tür und alle drei Monate ein neues Telefon haben. Er sollte mal versuchen, unter unseren Bedingungen zu leben und mit dem Geld auszukommen, das wir zur Verfügung haben. Wir sind eine achtköpfige Familie und arbeiten für Niedriglöhne. Wir wissen, dass die wirtschaftliche Lage insgesamt schlecht ist. Wer etwas Gegenteiliges behauptet, lügt. Unser Geld reicht kaum bis zum Monatsanfang.
Mehmet Resul Bozan: Wer behauptet, dass der Mindestlohn eines Arbeiters zum Leben ausreicht, möge das bitte selbst versuchen. Dann wird man sehen, wie oft die Kinder im Monat Fleisch essen können. Als Volk haben wir uns bereits daran gewöhnt, selbst für den Mindestlohn dankbar zu sein. Aus Armut sammeln Menschen auf den Straßen Altpapier. Während unsere Leute unter Armut und Arbeitslosigkeit leiden, wird behauptet, dass es keine Armut gibt. Den Leuten, die das behaupten, ist es egal, dass die Menschen auf der Straße leiden, weil sie selbst genug Geld haben. Sie wissen gar nicht, wie das ist. Es gibt Arbeitslose, die lieber Selbstmord begehen, als jeden Abend mit leeren Händen nach Hause zu kommen. Sie sagen: Ich sterbe lieber ein Mal, als jeden Tag aufs Neue. In diesem Zeitalter werden Menschen so in den Tod getrieben. Die Wirtschaft, die Gesundheitsversorgung und das Bildungssystem sind zusammengebrochen. Im Fernsehen wird jeden Tag behauptet, dass alles hervorragend läuft. Da fragt man sich, ob diese Leute in einer anderen Welt leben.
Mahmut Ekelik: Ich habe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bei meiner Familie gelebt. Aufgrund von Armut habe ich danach mein Leben auf der Straße verbracht. Auch jetzt geht es mir nicht gut. Ich bin seit anderthalb Jahren verheiratet, meine Frau und ich streiten uns jeden Tag wegen Geld. Ich habe mich bei verschiedenen Stellen beworben, aber ich bekomme keine Arbeit. Wir bekommen monatlich 300 TL Sozialhilfe, aber davon können wir nicht leben. Wir sind psychisch am Ende. Viele Jugendliche greifen aufgrund ihrer Armut und Arbeitslosigkeit zu Drogen.