Hüseyin Arasan soll auf dem Gefallenenfriedhof „Mehmet Karasungur“ im Qendîl-Gebirge beerdigt werden. Der aus Mêrdîn stammende Kurde erlag am frühen Samstagmorgen im Krankenhaus in Silêmanî seinen Schussverletzungen in Folge eines Anschlags am Vortag. Er lebte aufgrund von politischer Verfolgung in der Türkei seit einiger Zeit in der Kurdistan-Region Irak und war Mitglied im Verein der Werktätigen aus Mesopotamien (Komeleya Karkerên Mezopotamyayê, KKM).
Sein Leichnam wurde heute aus der Gerichtsmedizin in die „Ahmedi Haci Ali“-Moschee in Silêmanî gebracht.
Bei der Trauerfeier in der Moschee kritisierte der KKM-Vertreter Musa Çiftçi die Sicherheitskräfte in Südkurdistan und sagte: „Auf Hüseyin Arasan wurde vor unserem Verein ein Anschlag verübt und er hat am Folgetag sein Leben verloren. Dutzende unserer Freundinnen und Freunde waren in der Vergangenheit Attentaten ausgesetzt. Die Täter sind bei jedem Anschlag bekannt, aber es wird nichts unternommen, um diese Angriffe zu verhindern. Ich erinnere an Ferhat Bağışkondu, Mamoste Şemal, Şükrü Serhed, Nagihan Akarsel, Mehmet Zeki Çelebi sowie an Hüseyin Türeli, der bei dem letzten Anschlag in Dihok erschossen wurde.“
Im Verein KKM sind in Südkurdistan lebende Menschen organisiert, die in der Türkei politisch verfolgt werden und von den Vereinten Nationen als Flüchtlinge anerkannt worden sind. Çiftçi wies darauf hin, dass sein Verein unzählige Erklärungen abgegeben und sich öffentlich zu seinem Gründungszweck geäußert hat: „Wir haben den Medien gegenüber erklärt, wer wir sind. Wir sind kurdische Politikerinnen und Politiker und wir sind Flüchtlinge. Einen anderen Zusammenhang gibt es nicht.“
„Sie morden und flüchten nach Hewlêr“
Weiter erklärte Çiftçi: „In einer kurdischen Stadt werden Kurdinnen und Kurden ermordet, und niemand wird dafür bestraft. Die Täter töten und flüchten in ihre Hauptstadt Hewlêr [Erbil]. In Silêmanî gibt es überall Überwachungskameras. Was für einen Zweck haben diese Kameras? Bei jeder Gelegenheit werden Menschen aus Nordkurdistan festgenommen, aber zu einem politischen Mord an Kurden aus dem Norden sagt niemand was. Seit zwei Tagen haben sich weder die Behörden in Silêmanî noch die Regierung dieses Landes geäußert. Solange die Mörder nicht gefasst werden, möge uns bitte niemand zum Thema Kurdistan belehren.“
Nach der Trauerfeier machte sich ein Autokonvoi auf den Weg nach Qendîl. Hüseyin Arasan wird auf seiner letzten Reise von Hunderten Menschen begleitet.
Sechster tödlicher Anschlag seit September 2021
In der Kurdistan-Region Irak werden kontinuierlich Attentate auf kurdische Aktivist:innen und Intellektuelle verübt. Für die Anschläge werden den türkische Nachrichtendienst MIT und Parastin, der Geheimdienst der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK), verantwortlich gemacht. Ziel der Angriffe sind vor allem Kurd:innen, die aufgrund von politischer Verfolgung in der Türkei nach Südkurdistan gekommen sind. Seit September 2021 sind sechs Menschen bei gezielten Anschlägen ermordet worden. Hüseyin Türeli wurde am 18. April in einem Einkaufszentrum in Dihok erschossen. Die Jineolojî-Aktivistin Nagihan Akarsel wurde am 4. Oktober 2022 in Silêmanî auf offener Straße erschossen. Am 28. August 2022 tötete der türkische Geheimdienst MIT den Autor und Historiker Suheyl Xurşîd Ezîz, Mitglied der Generalversammlung der Bewegung Tevgera Azadî, vor seinem Haus im südkurdischen Kifrî. Am 17. Mai 2022 wurde Zeki Çelebi vor seinem Restaurant in Silêmanî Opfer eines bewaffneten Angriffs und erlag einen Tag später seinen Verletzungen. Am 17. September 2021 wurde das Mitglied des Komitees der Familien der Gefallenen, Yasin Bulut (Şükrü Serhed), in Silêmanî ermordet. Am Tag zuvor wurde in Silêmanî Ferhad Bariş Kondu aus Südkurdistan bei einem bewaffneten Angriff schwer verletzt.