Die Autonomieleitung von Şengal verurteilt den türkischen Drohnenangriff auf Merwan Bedel und seine Kinder und macht den Irak und die Demokratische Partei Kurdistans (PDK) dafür mitverantwortlich. Bedel war Ko-Vorsitzender des Exekutivausschusses im Autonomierat Şengal und ist am Dienstag bei der gezielten Bombardierung seines Autos ums Leben gekommen.
Tödlicher Anschlag an ezidischem Feiertag
Der Vorstand der Autonomieleitung macht in seiner Stellungnahme zu dem tödlichen Anschlag darauf aufmerksam, dass dieser am ezidischen Feiertag Rojiya Êzî stattgefunden hat: „Merwan Bedel hat das Haus verlassen, um für seine Kinder den Feiertag vorzubereiten. Zum Zeitpunkt des Angriffs waren seine Kinder Dinya und Dicle bei ihm. Wir sind uns sicher, dass der türkische Staat als erklärter Feind der ezidischen Gemeinschaft mit voller Absicht diesen Tag gewählt hat. Er will unseren heiligen und bedeutungsvollen Feiertag zu einem schmerzhaften Tag machen. Als Ko-Vorsitzende der Autonomieleitung von Şengal bewerten wir den Angriff als eine Fortsetzung des zwischen Hewlêr und Bagdad am 9. Oktober 2020 getroffenen Abkommens.“
„Mit den Führungspersonen soll Şengal ausgelöscht werden“
Das von der Bevölkerung von Şengal abgelehnte und ohne ihre Beteiligung getroffene Abkommen sieht unter anderem die Auflösung der autonomen Sicherheitskräfte und anderer als Reaktion auf den IS-Genozid von 2014 gegründeten Institutionen vor. Die Autonomieleitung verweist in diesem Zusammenhang auf die tödlichen Drohnenangriffe der Türkei in Şengal in der vergangenen Zeit: Im August wurde das Auto des YBŞ-Kommandanten Seîd Hesen bombardiert, drei Jahre zuvor wurde der ezidische Revolutionär Zekî Şengalî (Ismail Özden) von einer Killerdrohne getötet. Im Januar 2020 kamen der YBŞ-Kommandant Zerdeşt Şengalî und drei weitere Kämpfer bei einem Drohnenangriff ums Leben. „Der Feind verfolgt das Ziel, mit den Führungspersonen des ezidischen Volkes den Status von Êzîdxan [Land der Ezid:innen] zu vernichten. Die Ezidinnen und Eziden wollen auf ihrem eigenen Land selbstbestimmt und frei leben. Sie wollen sich aus freiem Willen ihre Existenz auf dieser Welt bewahren. Ihre Feinde wollen sie jedoch auslöschen und gestehen ihnen keine Grundrechte zu“, konstatiert die Autonomieleitung.
Vom militärischen Bereich bis zur diplomatischen Ebene
Merwan Bedel habe seit dem Ferman, dem IS-Angriff vom 3. August 2014, mit seinem gesamten Dasein für das ezidische Volk gekämpft: „Vom ersten Tag hat er sich den IS-Banden entgegen gestellt und Widerstand geleistet. Er hat sich den YBŞ angeschlossen und bis zu seinem Tod unermüdlich dafür eingesetzt, dass die Bevölkerung sich organisiert, sich selbst verteidigt und ein freies Leben aufbaut. Vom militärischen Bereich bis zur diplomatischen Ebene hat er auf allen Gebieten für die Entstehung einer demokratischen Gesellschaft und einen offiziellen Status für Şengal gearbeitet. Wenn wir heute von einem freien Şengal sprechen können, hat Şehîd Merwan Bedel einen großen Anteil daran.
Merwan Bedel
Auf dem vierten Kongress des Demokratischen Autonomierats Şengal wurde Merwan Bedel zum Ko-Vorsitzenden des Exekutivausschusses gewählt. Als Vorreiter der ezidischen Gemeinschaft hat er große Verantwortung übernommen. Der Angriff auf ihn ist ein Angriff auf das ezidische Volk. Unsere Feinde greifen ezidische Führungspersönlichkeiten an, um die Gesellschaft zur Kapitulation zu zwingen.
Irak und PDK sind mitverantwortlich
Obwohl der Angriff vom türkischen Besatzerstaat durchgeführt worden ist, machen wir auch die irakische Regierung dafür verantwortlich. Sie muss für diesen Angriff auf das ezidische Volk Rechenschaft ablegen. Wenn sie sich gegen die Feinde des ezidischen Volkes positioniert hätte, wäre weder der Angriff der IS-Banden auf Şengal möglich gewesen, noch wären Mam Zekî, Seîd Zekî und Merwan Bedel durch türkische Angriffe gefallen. Das Schweigen und die Kollaboration der irakischen Regierung ermutigt unsere Feinde und macht derartige Angriffe möglich.
Wir machen auch die PDK verantwortlich, weil sie Şengal ständig als Angriffsziel ausweist. Die PDK hat ihre Existenz abhängig gemacht von der Existenz des türkischen Staates.“
Beerdigung am Mittwoch
Die Autonomieleitung ruft die Bevölkerung zur Teilnahme an der Beerdigung von Merwan Bedel am Mittwoch auf und erklärt: „Wir sagen allen Feinden des ezidischen Volkes, dass sie unseren Willen nicht brechen können. Kein Angriff kann uns von unserem Kampf für ein unabhängiges und freies Şengal abbringen.“