Nach vier Jahren Unterbrechung: Buchmesse Amed öffnet ihre Pforten
Nach mehreren Jahren Unterbrechung findet in Amed wieder eine Buchmesse statt. Die Messe bringt kurdische, türkische, linke und religiöse Verlagshäuser unter einem Dach zusammen.
Nach mehreren Jahren Unterbrechung findet in Amed wieder eine Buchmesse statt. Die Messe bringt kurdische, türkische, linke und religiöse Verlagshäuser unter einem Dach zusammen.
Nach vier Jahren Unterbrechung findet in der nordkurdischen Metropole Amed (tr. Diyarbakır) wieder eine Buchmesse statt. Rund 200 ausstellende Verlage haben in den Hallen des Messe- und Kongresszentrums Mezopotamya ihre Bücherkisten ausgepackt und bieten bis zum 24. Dezember Besucherinnen und Besuchern aus Amed und Umgebung die Gelegenheit, sich einen Überblick über die türkisch-kurdische Verlagslandschaft zu verschaffen und das heimische Bücherregal aufzustocken.
Neben den alteingesessenen Häusern der kurdischen Verlagsszene wie etwa Aram, Lîs, Nûbihar und Avesta, die bekannt sind für ein reiches kurdisches wie auch internationales Literaturangebot, warten auch neuere Verlage wie Weşanên Ma und Weşanên Na auf. Auch türkische Verlagshäuser, darunter Sel, Yapı Kredi und Ephesus sind auf der Messe in Amed vertreten. Zum Rahmenprogramm der von der Industrie- und Handelskammer Diyarbakır in Kooperation mit dem Messebetreiber Eylül organisierten Buchmesse gehören auch Lesungen, Podiumsdiskussionen und Signierstunden, an denen sich etwa 350 Autorinnen und Autoren beteiligen.
Ehrengast Murathan Mungan
Die erste dieser Veranstaltungen fand bereits am Sonnabend direkt nach einer Eröffnungszeremonie mit dem Ehrengast der diesjährigen Buchmesse Amed, Murathan Mungan, statt. Der in Mêrdîn (Mardin) geborene Schriftsteller, Dichter und Theaterwissenschaftler mit kurdisch-arabischen Wurzeln hat weit mehr als siebzig Bände mit Gedichten, Romane und Erzählungen veröffentlicht, die sich durch spirituelle Tiefe, emotionale Dichte und politischen Hintersinn auszeichnen. Als öffentliche Person setzt Mungan sich engagiert für die Rechte des kurdischen Volkes ein. So waren seine ersten Worte ein Gruß an die kurdische Politikerin Gültan Kışanak – ehemalige Parlamentsabgeordnete (BDP) und demokratisch gewählte Oberbürgermeisterin von Amed, die 2016 im Zuge der Repressionswelle nach dem einseitig von der türkischen Regierung beendeten Friedensprozess mit der kurdischen Bewegung inhaftiert wurde.
Gruß an Gültan Kışanak
„Als ich das letzte Mal Diyarbakır besucht habe, wurde die Stadt noch von jenen Menschen regiert, die vom Volk gewählt worden waren“, sagte Mungan in Anspielung auf die staatliche Politik der Zwangsverwaltung in den Kommunen kurdischer Provinzen. Er erwähnte, dass sein 2013 erschienenes Stück „Mutfak“ (Küche) über drei Frauen, die zusammen ein Lokal betreiben, erstmals in Amed aufgeführt wurde. „Leider konnte ich damals nicht hier sein, aber ich erinnere mich an eine Szene, in der Gültan Kışanak das Publikum nach der Aufführung des Stücks begrüßt hat. Mein besonderer Gruß gilt ihr, eine der charaktervollsten Politikerinnen dieses Landes.“
Im weiteren Verlauf beklagte Mungan sich über einen dramatischen Verlust des Realitätssinns. „Wir leben in einer Zeit, in der Menschen, die in die Mitte einer Showkultur hineingeboren wurden, in einen Zustand des Dahindämmerns verfallen“, sagte er. „Es sind Generationen herangewachsen, die desorientiert sind und nicht wissen, dass und warum sie im auf dem falschen Weg sind. Alles dreht sich um die Geschwindigkeit des Zeitalters, Tiefe hat keine Bedeutung“, so Mungan.
Anschließend widmete sich Mungan dem Thema Sprache: „Die souveräne Nation versteht nicht, was sie in ihrer eigenen Sprache liest. Türkische Nationalisten, die Blut an ihren Händen haben, leben mit einem Wortschatz aus maximal 200 bis 300 Wörtern. Dabei ist das wichtigste Element des kulturellen Reichtums einer Nation ihre Sprache. Auch wenn es ein großes Paradox ist; Ahmed Arif, der die bezauberndsten Gedichte auf Türkisch geschrieben hat, war Kurde. Und Yaşar Kemal, der die schönsten Romane in dieser Sprache verfasst hat, war ebenfalls Kurde.“