Menschenverachtender Umgang mit Gültan Kışanak

Die Politikerin Gültan Kışanak war nach der Beerdigung ihrer Schwester beim Rücktransport ins Gefängnis einer menschenverachtenden Behandlung ausgesetzt. Die EMEP-Abgeordnete Sevda Karaca Demir fordert eine Erklärung vom türkischen Justizministerium.

Die seit 2016 in der Türkei inhaftierte kurdische Politikerin Gültan Kışanak hat vor einer Woche in Begleitung von Wachpersonal an der Beerdigung ihrer verstorbenen Schwester Zeynep Özer in Xarpêt (tr. Elazığ) teilgenommen und wurde anschließend zurück in das Hochsicherheitsgefängnis Kandıra in der Westtürkei gebracht. Wie erst jetzt bekannt wurde, war die Rückführung der 62-Jährigen eine menschenverachtende Tortur, die EMEP-Abgeordnete Sevda Karaca Demir spricht von Folter und unmenschlichen Maßnahmen.

Karaca Demir hat Gültan Kışanak sowie die ehemalige HDP-Vorsitzende Figen Yüksekdağ und die abgesetzte Bürgermeisterin von Dersim, Nurhayat Altun, am Dienstag in Kandıra besucht. Der Besuch bei den politischen Gefangenen sei gleichzeitig ein Beileidsbesuch gewesen, teilte die Abgeordnete heute mit. Kışanak sei direkt nach der Beisetzung ihrer Schwester abgeführt worden und davon ausgegangen, vom Flughafen in Xarpêt über Istanbul nach Kandıra zurückgebracht zu werden. Stattdessen wurde sie, ohne darüber informiert zu werden in das örtliche Gefängnis gefahren. Als sie nach dem Grund fragte, wurde ihr gesagt, dass ihr nur vier Stunden Hafturlaub für die Beerdigung erteilt worden sei.

Sevda Karaca Demir wurde auf der Liste der Grünen Linkspartei in Dîlok (Antep) gewählt

„Gültan Kışanak hatte weder ihre Medikamente noch sonstige Bedarfsgüter dabei und wurde in dem Zustand, in dem sie an der Beerdigung teilgenommen hatte, ins Gefängnis gebracht. Im Gefängnis Elazığ beantragte sie die Unterbringung zusammen mit ihren Freundinnen, stattdessen wurde sie gezwungen, die Nacht in einem schmutzigen Raum, der an ein Lager erinnerte, zu verbringen“, berichtete Karaca Demir. Weder ihre Angehörigen noch ihr Rechtsbeistand wurden davon informiert. Erst am nächsten Tag konnte sie telefonieren, die Vollzugsleitung erklärte sich für nicht zuständig. Als ihr benachrichtigter Rechtsbeistand nach stundenlangem Warten endlich mit ihr sprechen konnte, wurde ihr mitgeteilt, dass die Militärpolizei für ihren Weitertransport eingetroffen sei. Ihr wurde ein Essenspaket überreicht und sie sollte quittieren, dass sie ein Abendessen erhalten habe. Damit wurde klar, dass ihre Reise noch länger dauern sollte. Weil es angeblich keinen Flug nach Istanbul gab, wurde sie in einem Gefangenentransporter nach Sivas gebracht.

„Diese Reise, deren Kosten im Voraus an die Verwaltung überwiesen wurden, ist nahezu in Folter ausgeartet. Nach einer siebenstündigen zermürbenden Fahrt mit einem Gefangenentransporter nach Sivas kam Gültan Kışanak erst nachts um drei Uhr im Gefängnis Kandıra an. Eine derartig fürchterliche Behandlung kann keiner Gefangenen zugemutet werden. Es ist sowohl unmenschlich als auch rechtswidrig, eine gewählte Politikerin derart zu foltern, insbesondere eine, die gerade von der Beerdigung ihrer Schwester kommt und großen Schmerz erlebt hat. Dieses Verhalten, das ihre Trauer nicht respektiert, ihre Gesundheit gefährdet und ihre Familie in tiefe Angst versetzt hat, bedarf einer Erklärung. Die Verantwortlichen müssen benannt werden. Wir erwarten eine Erklärung des Justizministeriums in dieser Angelegenheit“, so Sevda Karaca Demir.