Die seit 2016 in der Türkei inhaftierte kurdische Politikerin Gültan Kışanak hat an der Beerdigung ihrer verstorbenen Schwester Zeynep Özer in Xarpêt (tr. Elazığ) teilgenommen. Aus dem Hochsicherheitsgefängnis Kandıra wurde sie in Begleitung von Wachpersonal mit dem Flugzeug in die Stadt gebracht. Die Trauerfeier fand in einem alevitischen Gemeindehaus im Stadtteil Fevzi Çakmak statt. Zahlreiche Politiker:innen der HDP, YSP und DBP sowie Aktivistinnen der Bewegung Freier Frauen (TJA) kamen nach Xarpêt, um Gültan Kışanak zu kondolieren. Beerdigt wurde Zeynep Özer im Dorf Sün. Gültan Kışanak band ein Tuch an den Grabstein ihrer Schwester und besuchte auch die Gräber ihrer Eltern. Nach der Beerdigung wurde sie zurück ins Gefängnis nach Kandıra gebracht.

Gültan Kışanak wurde erstmalig im Alter von 19 Jahren nach dem Militärputsch vom 12. September 1980 verhaftet und im Kerker von Amed (Diyarbakir) gefoltert. Unter anderem wurde sie zwei Monate lang in einem zwei Quadratmeter großen Hundezwinger festgehalten. Nach zwei Jahren des Widerstands im Gefängnis studierte sie Journalismus und arbeitete für kurdische Zeitungen, unter anderem als Chefredakteurin der Özgür Gündem in Istanbul. Später ging sie in die Politik und war Abgeordnete im türkischen Parlament. 2014 wurde sie in Amed als erste Frau zur Bürgermeisterin gewählt. Als Bürgermeisterin der kurdischen Großmetropole ließ sie das Gefängnis, in dem sie einst gefoltert wurde, zu einem Museum umbauen. Im Zuge der Massenverhaftungen von HDP-Politiker:innen im Herbst 2016 wurde sie inhaftiert und zu einer hohen Freiheitsstrafe verurteilt. Sie ist auch eine der Angeklagten im laufenden Kobanê-Prozess. Im Gefängnis hat sie ein Buch geschrieben und meldet sich immer wieder öffentlich zu aktuellen Themen zu Wort. Gültan Kışanak ist eine der bekanntesten kurdischen Politikerinnen und seit knapp sieben Jahren als politische Geisel des türkischen Regimes im Gefängnis.

Foto und Video: MA