HPG-Kommandant: Guerillaaktionen werden ausgeweitet

Haki Armanc, einer der Kommandanten der Volksverteidigungskräfte (HPG), weist auf den Erfolg der aktuellen Guerillaaktionen in Nord- und Südkurdistan hin und kündigt eine Ausweitung des Kampfes an.

In einem Interview mit dem Radiosender Dengê Welat berichtet Haki Armanc, einer der Kommandanten der Volksverteidigungskräfte (HPG), über die aktuellen Aktionen der Guerilla und ihre Perspektive. „Der türkische Besatzerstaat führt seit Anfang des Jahres Vernichtungsoperationen durch”, erklärt er. „Es ist offensichtlich, dass es auch so weiter gehen wird. Die politischen und militärischen Operationen gegen die kurdischen Errungenschaften in Rojava dauern an. Insbesondere die Angriffe und die Morde an unserer Bevölkerung in Efrîn, Serêkaniyê und Girê Spî werden fortgesetzt. Alles was kurdisch ist oder im Namen Kurdistans geschieht, soll dort vernichtet werden.“

Ziel ist eine Besatzungszone von Efrîn bis Qendîl

Armanc weist auch auf die Angriffe der Türkei auf alle Regionen von Heftanîn bis Xakurke in Südkurdistan hin und warnt, die Türkei wolle eine Pufferzone von Efrîn bis zum Qendîl, also von der türkischen Grenze bei Hatay bis zur irakisch-iranischen Grenze in Südkurdistan errichten. Dies sei aber nur ein Schritt. So soll ganz Kurdistan im Rahmen der neoosmanischen Expansionsstrategie der türkischen Regierung besetzt werden. Dazu sollte in diesem Jahr die Besetzung der Region Heftanîn abgeschlossen werden, so Armanc. Der Guerillawiderstand habe dem türkischen Staat hier jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Die Invasionsversuche dauern an“

Die Guerilla habe mit ihrem „taktischen Reichtum und ihrer Entschlossenheit“ die Besatzer nicht nach Heftanîn vordringen lassen. Zwar seien einige strategisch bedeutsame Gipfel an den türkischen Staat gefallen, allerdings sei dies nur unter großen Verlusten auf türkischer Seite möglich gewesen. Armanc stellt klar, dass Nachrichten, die Besatzungsoperation auf Heftanîn sei beendet, nicht der Realität entsprechen. Im Gegenteil, so berichtet Armanc, würden die Besatzungstruppen ihre Operationen ausweiten und versuchen, ihre Präsenz in der Region auf Dauer einzurichten. Die türkischen Truppen trauten sich allerdings aus Furcht vor der Guerilla nicht, ihre Basen zu verlassen. Armanc fügt an: „Die Operationen mögen kurzzeitig gestoppt sein, aber sie versuchen diese Zeit dafür zu nutzen, ihre Befestigungen auszubauen.“

Angriffe mit Unterstützung von Verrätern“

Armanc thematisiert auch die Rolle von „nord- und südkurdischen Kollaborateuren“, die sich an den Operationen beteiligen: „Sie führen die Operationen an und holzen Wälder ab. Der türkische Staat hätte nicht alleine in Heftanîn eindringen können. Der türkische Staat benutzt Wege, die niemand kennt, um ihre Truppen zu verlegen. Die Operation wird mit der Unterstützung von südkurdischen Verrätern durchgeführt.“

Operation Anfang 2020 erfolglos

Armanc berichtet von großangelegten türkischen Operationen zu Beginn des Jahres in Nordkurdistan, welche die Regionen Cûdî, Zagros, Dersim, Amanos, Çêwlîg (türk. Bingöl), Amed (Diyarbakır) und Mêrdîn (Mardin) umfassten und die bis heute andauerten. Diese Operationen unter dem Namen „Blitz“ dienten allerdings vor allem als Mittel der Propaganda und sollen die Menschen in Südkurdistan einschüchtern.

Kollaboration mit dem türkischen Staat ist unverzeihlich“

Armanc weist auf die gelegten Waldbrände, die Baumfällaktionen und die systematische Errichtung immer neuer Militärbasen insbesondere in den nordkurdischen Regionen Dersim und Botan hin und verurteilt die Beteiligung von Kollaborateuren scharf. Er sagt: „In dieser Zeit mit dem türkischen Staat zusammenzuarbeiten, ist absolut inakzeptabel. Wer dem Feind hilft, Militärbasen zu errichten, Wälder abzuholzen, insbesondere in den Regionen Cûdî und Heftanîn mit dem Feind zusammenarbeitet und sich für ein paar Cent an den Feind verkauft, begeht ein unverzeihliches Verbrechen. Wir kennen diese Leute genau. Wir haben ihre Namen. Wir wissen, wer was getan hat. Diese Personen sind für uns ein Angriffsziel.“

Unsere Aktionen schlagen wie Vorschlaghämmer ein“

Zu den Aktionen der Guerilla sagt Armanc: „Jede Guerillaaktion in Nordkurdistan schlägt wie ein Vorschlaghammer ein. Sie beeinflussen ganz Kurdistan. Die Angriffe auf unsere Bewegung, unsere Führung und unser Volk haben Auswirkungen auf unsere Aktionen. Abdullah Öcalan wird einer Isolationsfolter unterzogen. Es gibt grausame Angriffe auf unser Volk. Daher muss auch die Guerilla ihre Rolle in Nordkurdistan spielen. Jedes Guerillateam ist eine eigene Kraft. Es hat die Initiative, die Überzeugung, kennt seinen Feind und seine Stärken und Schwächen. In diesem Sinne sind mehr Aktionen notwendig. Die Guerilla ist die Kraft, welche die Zerschlagung des Faschismus anführt; es sind die Kader der Freiheitsbewegung und die unbeugsame Bevölkerung Kurdistans. Deswegen ist es wichtig, dass alle in dieser historischen Phase Position beziehen und selbst eine Führungsrolle übernehmen.“

Der türkische Staat bricht zusammen“

In Bezug auf die Krise in der Türkei sagt Armanc: „All das zeigt die Schwäche des türkischen Staates. Die ganze Krise zeigt die Schwäche des AKP-MHP-Ergenekon-Faschismus. Wenn ein Staat so voller Fäulnis steckt, dann ist dies ein deutliches Signal seines bevorstehenden Zusammenbruchs.“