Sorge vor einem weiteren Massaker in Şengal

Heute läuft die Frist der irakischen Regierung zur Auflösung der ezidischen Sicherheitskräfte in Şengal ab. Kurdische Organisationen warnen vor einer Eskalation und unterstützen das Recht der ezidischen Gemeinschaft auf Selbstbestimmung.

Die ezidische Bevölkerung in Şengal soll erneut entwaffnet und verteidigungsunfähig gemacht werden. Heute läuft die Frist der irakischen Regierung unter Premierminister Mustafa al-Kadhimi zur Auflösung der ezidischen Sicherheitskräfte (Asayîşa Êzîdxanê) in Şengal ab. Der Demokratische Autonomierat Şengal (Meclîsa Xweseriya Demokratîk a Şengalê, MXDŞ) hat vergangene Woche angekündigt, dagegen Widerstand zu leisten und das zwischen Bagdad und der Barzanî-Partei PDK getroffene Abkommen nicht zu akzeptieren. In Europa haben am Mittwoch erneut Kundgebungen stattgefunden, um auf die drohende Eskalation aufmerksam zu machen und das Recht der ezidischen Gemeinschaft auf Selbstverteidigung zu unterstützen.

Hamburg

Über fünfzig ezidische Organisationen in Deutschland haben bereits Anfang vergangener Woche auf die drohende Eskalation hingewiesen und an die internationale Solidarität appelliert:

„Die Angst vor dem Einwirken der irakischen Regierung auf Şengal basiert auf tragischen Erfahrungswerten: Die irakische Regierung war nicht im Stande, das eigene Volk gegen den Islamischen Staat (IS) zu schützen. Zudem war und ist sie mitverantwortlich beim Erstarken des IS. Am 3. August 2014 hat der irakische Staat komplett versagt und das ezidische Volk und ihre Heimat schutzlos dem IS überlassen. Auch die etwa 13.000 anwesenden Peschmerga der Regierung Erbils [ku. Hewlêr], die eigentlich zum Schutz der Eziden dort stationiert waren, sind ihrer Aufgabe nicht nachgekommen und haben somit zum Genozid an unserem Volk beigetragen.

Bagdad und Erbil riskieren, dass sich die Geschichte wiederholt. Sie beabsichtigen, die ezidische Gemeinschaft wehrlos, machtlos, unorganisiert und ohne Einfluss einem gefährlichen und grausamen Feind gegenüber stehen zu lassen. Die Angriffe der irakischen Armee gegen Şengal, der Versuch der Besatzung und die Ausschaltung der ezidischen Sicherheitskräfte, Asayîşa Êzîdxan, konkretisieren das Risiko und die Gefahr, dem IS sowie anderen terroristischen Banden erneut wehrlos ausgeliefert zu sein. Die reale Gefahr eines erneuten Völkermordes an der ezidischen Gemeinschaft bedeutet die Wiederholung des Traumas des Genozides und Vertreibung aus ihrer Heimat.“

Saarbrücken

Appell an Außenministerien und UN

29 kurdische Parteien und Organisationen in Europa haben jetzt einen gemeinsamen Appell an die Außenministerien der USA, Frankreichs, Deutschlands, Englands und des Irak sowie an die UN-Vertretung im Irak gerichtet, damit diese sich in Bagdad und Hewlêr für eine Lösung über einen Dialog aller Beteiligten einsetzen. „Als in Europa aktive Parteien und Institutionen aus Kurdistan sind wir in großer Sorge über die aktuelle Lage und die Zukunft von Şengal – eine Region von strategischer Wichtigkeit für Ezidinnen und Eziden weltweit“, heißt es in dem Brief. „Nach dem Genozid an den Eziden durch den IS 2014 haben wir auf einen radikalen Perspektivenwechsel gehofft. Mit Bedauern müssen wir jedoch feststellen, dass vor allem die Regierungen in Bagdad und Hewlêr keine Lehre aus diesem Genozid gezogen haben und ihre Einstellung zu den Eziden sich nicht geändert hat.

Das zwischen Bagdad und Hewlêr getroffene Abkommen missachtet den Willen der ezidischen Gesellschaft, ihre erzielten Errungenschaften und ihre mit großer Mühe aufgebauten demokratischen Institutionen und möchte die Bedingungen wiederherstellen, die den Genozid ermöglicht haben. Es ist ohne Beteiligung der ezidischen Gemeinschaft geschlossen worden und entbehrt daher jeder Legitimität und Gültigkeit für Ezidinnen und Eziden weltweit. Was sie brauchen, sind ein spezifischer Status, ein Mechanismus für die eigene Verteidigung und eine demokratische Administration, die von allen Beteiligten gebildet werden muss. Die Vernichtung ihrer Errungenschaften ist keine Lösung. Vielmehr müssen die bestehenden Möglichkeiten und Einrichtungen gefördert und in einen dauerhaften Zustand versetzt werden.“

Genf

Die ezidische Gemeinschaft habe das Recht auf ein friedliches und tolerantes Zusammenleben mit seinen Nachbarn und die Rückkehr aller aus der Region Vertriebenen, so der Appell der 29 kurdischen Organisationen und Parteien. Sollten sich die Regierungen in Bagdad und Hewlêr von Erdogan unter Druck setzen lassen und unter Einsatz von Gewalt gegen die ezidischen Selbstverwaltungsstrukturen vorgehen, um vermeintlich die staatliche Ordnung wiederherzustellen, sei dies praktische Beihilfe zur Völkermordpolitik.

Kopenhagen

„Wir erwarten und wünschen von Ihnen, dass Sie zu diesem Thema alle Mittel einsetzen, um einen positiven Einfluss auf die Regierungen in Bagdad und Hewlêr auszuüben und zu einer gemeinsamen Lösung zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern des ezidischen Volkes beitragen“, so der Appell.

Unterzeichnende

  • YNK (Yektiya Niştimanî Kurdistan)

  • Tevgêra GORRAN

  • KCDK-E (Kongra Civaka Kurdistaniyan-Ewrupa)

  • TJK-E (Tevgêra Jinên Kurdistanê-Ewrupa)

  • Partiya ŞÛÎ Kurdistan  Basur

  • Kongra Star (Rêxistna Jin Rojava, Bakur-Rojhilatê Sûryê) Europe

  • Partiya Zahmetkêşan - Başûr

  • PADÊ (Partiya Azadî û Demokrasiya Êzîdiya)

  • Tevgêrê Azadî

  • PYD (Partiya Yekîtiya Demokrat)

  • P.D.K.S  (Partiya demoqrat a kurdî ya sûrî)

  • Partiya Çep a Kurd li Sûrî.

  • Tevgera Nûjen ya Kurdistanî-Sûrya

  • PÇDKS ( Partiya çep a Demoqrat a Kurd li Sûriyê)

  • Partiya Demokrata Kurd li Sûriya (El Partî)

  • Partiya Çep a Demokrat li  Sûriya.

  • Partiya Rêkeftin a Kurd li Sûrya.

  • Partiya Çaksaziya Kurd li Sûriya.

  • Partiya Kesk a Kurdistanî li Sûriya.

  • Partiya Demokrata Kurdistanî li Sûrya.

  • Partiya Komanist a Kurdistanî li Sûriya.

  • PÎK (Partiya islamiya Kurdistan)

  • KKP ( Partiya Kominista Kurdistan)

  • Tevgera Kawa

  • PJAK(Partiya Jiyana Azada Kurdistan)

  • Yakyatî Şorşgêrî Kurdistan

  • KODAR  (Civaka Demokratîk û Azada Rojhelatĕ Kurdistan)

  • KJAR (Civaka Jinên Rojhelatî Kurdistan)

  • Platforma Horam

  • Plattform Zagros

  • Plattform Yarsan

  • Yarî Kurd

  • Partiya Dimokrati Pêşvero kurdi Li Surîya

  • Tevçand (Tevgera Çand û Hunera Kurd)

  • Kurdische Gemeinde Stuttgart e.V.

  • FEDA (Federesyona Elewîyên Kurdistan)

  • NAV-YEK (Federasyona Komelên Êzidiya)

  • Kurdisches Zentrum Berlin

  • CIK ( Civaka Islamiya Kurdistan)

  • Enstituta Kurdî – Deutschland

  • Enstituta Kurdî – Brüssel

  • MŞD ( Meclîsa Şingal a Derveyî Welat)

  • YMK ( Yekîtîya Mamostayên Kurdistan)

  • YES (Yekitiya Êzdiyên Sûri)

  • Kurdische Gemeinde Brandenburg-Berlîn  

  • Dachverband der Êzidischen Frauenräte

  • DKF (Deutsch-Kurdisches Forum) e.V. Dresden

  • Mezopotamya Halk Kongresi

  • Mezopotamya Özgurluk Partisi

  • Kurdistan Human Rights Association