Women Defend Rojava: Keine Kooperation mit der Türkei
Zu einer Blockade-Aktion an der Führungsakademie der deutschen Bundeswehr in Hamburg haben die beteiligten Aktivist*innen eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben.
Zu einer Blockade-Aktion an der Führungsakademie der deutschen Bundeswehr in Hamburg haben die beteiligten Aktivist*innen eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben.
Am Morgen des 20. November 2019 gab es eine störende Blockadeaktion an der Führungsakademie der deutschen Bundeswehr in Hamburg. Ca. 20 Personen blockierten mit einem großen Transparent mit der Aufschrift „Keine Kooperation mit der Türkei“ den Eingang zu den Kasernen.
Anliegen der Aktion war der derzeitige völkerrechtswidrige Angriffskrieg der Türkei gegen Nord- und Ostsyrien. Die deutsche Bundeswehr sowie ihre Führungsakademie spielen in diesem Kontext auf mehreren Ebenen eine Rolle.
Der Ausbau von Macht
Zum einen war am 12. November das Jubiläum der Gründung der deutschen Bundeswehr. Bundesweit fanden Vereidigungen, Gelöbnisse und andere Festveranstaltungen im Rahmen der deutschen Bundeswehr statt – trotz jahrelanger Proteste und Widerstand dagegen. Der 12. November soll als fester öffentlicher Termin etabliert werden, um der Gesellschaft „Den Auftrag der Bundeswehr und die Verankerung der Streitkräfte in der Gesellschaft zu verdeutlichen“.
Dabei wurde kürzlich in einer Grundsatzrede vor dem Führungsnachwuchs der Bundeswehr von der Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer der Gesamtfokus der deutschen Bundeswehr gesetzt: Deutschland solle eine Rolle als „Gestaltungsmacht“ annehmen. Welch ein Zynismus, einen solchen Rat aufgrund der Bedrohung durch internationalen Terrorismus und autoritäre Mächte zu fordern, während Deutschland unbeirrt als wichtiger Partner des faschistischen Erdoğan-Regimes auftritt, das den internationalen Terrorismus in Gestalt von IS und Co. systematisch erneut aufbaut.
Militärische Ausbildung der türkischen Armee
Die deutsche Bundeswehr bildet seit geraumer Zeit die türkische Armee militärisch aus. Dass es beim Agieren der deutschen Bundeswehr im Ausland nicht um Menschenrechte, Stabilität oder Demokratie geht, wird spätestens deutlich bei allen Angriffskriegen, allen Invasionen mit schweren Verletzungen des Völkerrechtes der Türkei. Offizier*innen und Soldat*innen der Bundeswehr bringen weiterhin türkischen Soldat*innen bei, wie man möglichst effizient, schnell und billig tötet.
„Die gegenwärtige Praxis ist unverändert, keine NATO-Partner im Rahmen internationale Ausbildungskooperationen einseitig auszuschließen“, sagte eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums. Ein Bündnis zur Aushandlung von Macht und Einfluss zählt mehr als die moralische und menschliche Pflicht, sich gegen ein faschistisches Regime zu stellen, das mit dem Ziel eines Völkermords Krieg führt.
Militarismus im bürgerlichen Gewand
Die Führungsakademie in Hamburg befindet sich mitten im Leben des Viertels, eine evangelische Kita und ein Spielplatz befinden sich mit auf dem Gelände, eine Kirche in direkter Nachbarschaft. Die Gegenwart von Krieg darf nie Normalität werden! Die Bundeswehr gehört nicht in die „Mitte der Gesellschaft“, sie gehört weder auf Schulhöfe, noch mit zynischen Imagesprüchen wie „Multiplayer at its best“ oder „Mehr Open World geht nicht“ auf Videospielmessen. Es geht in ihrem Auf- und Ausbau nicht um Demokratie und vermeintlichen Frieden, sondern die Bundeswehr ist ein Mittel zum Zweck auf dem Weg zu einer deutschen Vormachtstellung und fortgeführter Ausdruck der imperialistischen Politik der Bundesrepublik Deutschland. Mit Hilfe der NATO und der Europäischen Union wird die kapitalistische Ausbeutung und Herrschaft insbesondere auf Kosten der natürlichen Lebensgrundlagen und der Regionen der Welt geführt, die sich dieser Logik nicht anschließen können oder wollen – wie jetzt in Nordostsyrien, wo das Ziel Erdoğans, den demokratischen, feministischen und ökologischen Aufbau der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien (Rojava) zu zerschlagen, geduldet und darüber hinaus aktiv unterstützt wird – durch wirtschaftliche Verbindungen sowie ganz konkret mit Waffen und militärischer Bildung.
Keine Kooperation mit der Türkei!
Die fadenscheinige Verschleierung der wahren Interessen der Bundesrepublik mit den Argumenten, es gehe um Sicherheit und Demokratie, ist kaum zu ertragen. Auf Kosten von Menschenleben und freiheitlichen Bewegungen sind es Profit- und Machtmaximierung, die im Mittelpunkt stehen.
Aus der Bilanz der Demokratischen Kräfte Syriens für den vergangenen Tag geht hervor, dass der türkische Staat und seine Milizen den Waffenstillstand weiterhin brechen und ihre Angriffe fortsetzen. Mit der heutigen Aktion wollen wir ein klares Zeichen setzen, dass damit Schluss sein muss! Wenn die herrschenden Politiker*innen weiter Verschleierungstaktiken anwenden und Profit und Macht über Menschenleben stellen, ist es umso wichtiger, dass sich innerhalb der Zivilgesellschaft eine klare Positionierung gegen Krieg und Aufrüstung stattfinden. Aus historischer und aus aktueller Verantwortung müssen sofort alle Beziehungen zur und jede Kooperation mit der Türkei eingestellt werden!
Stattdessen muss sich Deutschland für eine Flugverbotszone über Nord- und Ostsyrien, ein Kriegsverbrechertribunal und die Einrichtung einer internationalen, unabhängigen Beobachtungsstelle einsetzen, damit die derzeit anhaltenden Kriegsverbrechen sofort gestoppt werden können!