„Guerillawiderstand führt zu einem Syndrom bei der Armee"

„Der Guerillawiderstand hat zu einem Syndrom bei den Soldaten geführt. Sie haben es tagelang nicht geschafft, in unsere Tunnel einzudringen, obwohl sie überall chemisches Gas eingesetzen“, erklärt die Guerillakommandantin Batufa Çekdar.

Batufa Çekdar, eine der Kommandantinnen der Frauenguerilla YJA-Star, hat in einer Sondersitzung bei Stêrk TV über den Widerstand gegen die am 23. April gestartete Invasion des türkischen Staates in Südkurdistan gesprochen. Die Kommandantin stellte die Guerillaoffensiven in den Medya-Verteidigungsgebieten in einen Zusammenhang mit der „Zeit für Freiheit“-Kampagne der kurdischen Bewegung, mit der die Freilassung von Abdullah Öcalan erkämpft werden soll. Mit der Isolation von Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali solle die Ausbreitung seiner Ideen für ein demokratisches Gesellschaftsmodell verhindert werden. Ein einziges Wort des kurdischen Vordenkers könne die politische Situation verändern und biete allen freiheitsliebenden Menschen eine neue Perspektive, sagte Batufa Çekdar:

„Der türkische Staat wollte uns in Nordkurdistan vernichten und die PKK ist zunehmend innerhalb der Bevölkerung in allen vier Teilen Kurdistans verankert. Die PKK hat das Projekt der Demokratischen Moderne im gesamten Mittleren Osten verbreitet. Mit den Angriffen auf Rojava sollte dieser Philosophie ein Ende bereitet werden, aber sie ist dadurch auf der ganzen Welt bekannt geworden.“

Mit Militäroperationen von der Wirtschaftskrise ablenken

Die Politik des türkischen Staates bestehe seit dem Osmanischen Reich aus Massakern und Methoden der Besatzung und Kolonialisierung, so Çekdar: „Vor allem die heutige AKP/MHP-Regierung hält sich über ihre Politik des Blutvergießens an der Macht. Mit ständig neuen Besatzungsoperationen will sie von innenpolitischen Problemen und der Wirtschaftskrise ablenken.“

Auf die Frage nach dem Ziel der türkischen Invasion in den Regionen Avaşîn, Metîna und Zap antwortete die Kommandantin: „Wir können diese Operationen als Teil des Genozids am kurdischen Volk bewerten. Nicht nur in diesen Regionen, auch in Nordkurdistan haben zahlreiche Operationen stattgefunden. Im Winter wollte der türkische Staat Gare besetzen, hat dabei jedoch einen historischen Bruch erlebt. Jetzt hat die faschistische Regierung gedacht, dass sie einfach nach Avaşîn, Metîna und Zap kommen und diese Gebiete besetzen kann, darüber wollte sie Politik machen. Die Guerilla hat sich in den Medya-Verteidigungsgebieten in unterirdischen Stellungen positioniert. Die Gebiete der aktuellen Operation sind von großer strategischer Bedeutung für uns. Das Ziel ist, die Verbindung zwischen den Guerillagebieten zu kappen. Das gesamte Gebiet von Qendîl bis Xakurke, von Şengal bis Mossul und Rojava soll besetzt werden. Das Militär stößt dabei auf den Widerstand der Guerilla.“

Ohne NATO-Unterstützung keine Handlungsfähigkeit

In einer weiteren Frage in der Sendung ging es um die Rollen anderer Staaten beim Expansionismus der Türkei. Çekdar sagte zu den internationalen Verbindungen: „Der türkische Staat unterhält Beziehungen zu vielen Ländern, um den Krieg gegen die PKK zu gewinnen. Wir befinden uns seit vierzig Jahren in einem Krieg mit den internationalen Mächten. Hinter allen Besatzungsoperationen der Türkei steht die NATO. Sie unterstützt die Türkei auch bei der aktuellen Operation. Aus eigener Kraft könnte der türkische Staat auch in wirtschaftlicher Hinsicht nicht eine einzige Operation gegen unsere Bewegung durchführen.“

Operationstruppen bestehen aus Söldnern und Islamisten

Batufa Çekdar bezeichnet den Zustand der türkischen Armee bei der aktuellen Invasion als niederschmetternd: „Die Türkei hat den zweiten großen Schlag nach der Gare-Operation verpasst bekommen. Bei den aktuellen Operationen werden nur bezahlte Soldaten oder Islamisten eingesetzt, dem Staat ist es gleichgültig, ob sie sterben. Es haben über hundert Guerillaaktionen gegen die Operationseinheiten stattgefunden. Es gibt über 150 tote Soldaten, und dabei handelt es sich nur um diejenigen, deren Tod mit bloßem Auge feststellbar war. Die Initiative im Kampf liegt bisher bei der Guerilla. Es kommt eine extreme Waffentechnologie zum Einsatz. Der Guerillawiderstand hat zu einem Syndrom bei den Soldaten geführt. Sie haben es tagelang nicht geschafft, in unsere Tunnel einzudringen, und das, obwohl ständige chemisches Gas eingesetzt wird. Bei der Guerilla handelt es sich um Rêber Apos opferbereite Kämpferinnen und Kämpfer, die jeden Tag mit großer Entschlossenheit und einem professionellen Bewusstsein auf die feindlichen Kräfte antworten. Sie haben bisher einen ehrenvollen Widerstand geleistet. Die Kämpferinnen der YJA-Star nehmen an den HPG-Aktionen teil und führen eigene Aktionen durch, sie sind eine führende Kraft in diesem Krieg. Bisher sind sechs unserer mutigen Weggefährtinnen gefallen. Ihr Tod erhöht den opferbereiten Geist, der bei unserer Offensive spürbar ist.“

Krieg vom Zagros bis nach Dersim

Zur Situation in Nordkurdistan sagt die YJA-Star-Kommandantin Batufa Çekdar: „Wie es aussieht, wird der Feind seine Operationen auch in Nordkurdistan fortsetzen. Er behauptet jedes Jahr, die PKK jetzt endgültig zu besiegen, aber am Ende des Jahres ist immer wieder dasselbe Ergebnis sichtbar. Im Norden finden jedes Jahr Dutzende Guerillaaktionen statt. Wir befinden uns vom Zagros bis nach Dersim, von Botan bis nach Serhed im Krieg. Die Guerilla ist sich ihrer historischen Verantwortung bewusst. Das Ziel unserer Offensiven ist nicht nur der Schutz der jeweiligen Gebiete, wir wollen der Armee und der türkischen Völkermordpolitik eine Niederlage bereiten. Unser Volk muss in dieser wichtigen Widerstandsphase an der Seite der Guerilla stehen. Vor allem die Menschen in Südkurdistan sollten sich hinter diesen Kampf stellen und aufbegehren, um ihrer nationalen Verantwortung gerecht zu werden. Für die Jugend gilt, dass sie nicht nur durch gesellschaftliche Aktivitäten Unterstützung leisten sollte, sondern durch direkte Teilnahme.“