10.000 Jahre alte Siedlung soll in Stausee versinken

Eine in Amed neu entdeckte etwa 10.000 Jahre alte Siedlung soll im Wasser des Ambar-Staudamms versinken.

Mesopotamien ist einer der Orte auf der Welt, an dem die neolithische Revolution begann. Insbesondere in Obermesopotamien sind immer wieder Orte zu finden, welche unwiederbringliche Quellen für die Zeit der Sesshaftwerdung des Menschen darstellen. Besonders in Nordkurdistan sind diese Siedlungen von Vernichtung durch den türkischen Staat bedroht. So soll bei Pîran (Dicle, Provinz Amed/Diyarbakir) eine gerade erst neu entdeckte neolithische Siedlung in der Nähe des Dorfes Ambar, ähnlich wie die uralte Stadt Heskîf (Hasankeyf) oder die wichtige griechisch/römische Metropole Samosata, für immer in den Fluten eines Staudamms verschwinden. Der Ambar-Staudamm, der das Wasser des Tigris aufstauen wird, ist Teil des GAP-Staudammprojekts, das vor allem militärischen Zwecken dient. Seit fünf Jahren befindet sich der Ambar-Staudamm im Bau und droht viele Dörfer, Siedlungen und große landwirtschaftliche Fläche zu verschlingen. Nun finden an drei Stellen in Ambar Rettungsgrabungen statt, um so schnell wie möglich noch die neolithische Siedlung zu dokumentieren.

Grabungen finden in aller Stille statt

Die Grabungen begannen vor einem Jahr und finden in aller Stille statt. Das Kultur- und Tourismusministerium hat die Archäolog*innen gewarnt: „Auf keinen Fall Informationen über wichtige Funde ohne Rücksprache der Presse mitzuteilen.“

Funde werden schnell entfernt

Auf den Hügeln Girê Fila und Girê Hacî wurden menschliche Überreste und viele wichtige Objekte gefunden. Unter anderem eine große Menge an Keramiken, Pfeilspitzen und Figuren, unter ihnen eine anthropomorphe Figur mit Kopfbedeckung, wurden hastig eingesammelt und weggebracht.

Die Knochen liegen in einer Schule

Während die gefunden Objekte an einen unbekannten Ort gebracht wurden, werden die menschlichen Überreste in einer Schule im Dorf Ambar aufbewahrt.

Staudamm abgeschlossen

Da die Bauarbeiten am Ambar-Staudamm abschlossen sind und er befüllt werden soll, wurden die Grabungen in größter Hast durchgeführt.

Zehntausend Jahre alte Siedlung

Die Grabungen werden unter der wissenschaftlichen Beratung der Dekanin der archäologische Fakultät der Universität von Kocaeli, Prof. Dr. Ayşe Tuğba Ökse, durchgeführt. Sie erklärt, dass alles darauf hindeutet, dass es sich um eine Fundstätte aus dem Neolithikum handelt. Ökse berichtet, dass sie keine Informationen zu den Funden geben dürfe, sagt aber, dass die drei Siedlungen zwischen 10.000 und 9.000 Jahren alt sind und vor etwa 7.000 Jahre verlassen wurden. Erst im Mittelalter habe eine Neubesiedlung der beiden Hügel stattgefunden.

Christlicher Friedhof entdeckt

Auf einem Hügel am Rande des Dorfes Ambar wurde ein 500 Jahre alter christlicher Friedhof entdeckt, der am Ende des Mittelalters zu einem muslimischen Friedhof umgewidmet worden war.

Grabungsleiter gibt keine Auskunft

Der Grabungsleiter Dr. Aytaç Çoşkun von der archäologischen Fakultät der Dicle-Universität gab bisher keinen Kommentar zu den Ergebnissen der Grabungen ab.

[Fotos: MA – Mezopotamya Ajansı]