Am Montagabend hat in den Räumen der GWA St. Pauli das monatliche Café der feministischen Kampagne „gemeinsam kämpfen“ stattgefunden. Zwei Teilnehmerinnen der feministischen Delegation, die sich rund vier Monate in Nordostsyrien aufhielt, berichteten vor einem vollen Saal von ihrer Reise und ihren Erfahrungen. Die Delegation hatte das Ziel, die Frauenrevolution besser zu verstehen und in der Bundesrepublik sichtbarer zu machen. Es wurden verschiedene Frauenorganisationen und -einrichtungen besucht, wie beispielsweise der Dachverband der Frauenorganisationen in Rojava, Kongreya Star, die Frauenhäuser Mala Jin, Kooperativen, Kommunen, das Frauendorf Jinwar, die Selbstverteidigungseinheiten oder auch der Frauenkanal Jin TV.
Begonnen wurde mit einer geografischen Einordnung, um den Zuhörerinnen eine Orientierung zu geben. Anschließend wurden die einzelnen Einrichtungen vorgestellt. Doch zunächst wurde betont, dass die Revolution der Frauen insbesondere eine soziale sei, denn ausgehend von der Analyse, dass die Unterdrückung der Frau die erste Unterdrückung sei, gehe es bei der Befreiung der Frau um die Befreiung der gesamten Gesellschaft.
Am 25. November 2018 wurde Jinwar, das Frauendorf, eröffnet. Die Referentinnen waren bei der Eröffnung dabei und bezeichneten Jinwar als Teil der gelebten Utopie, denn es werde komplett von Frauen organisiert und die Erfahrungen, die dort gemacht würden, seien Teil der Prozesse, wie sich Gesellschaft entwickeln könne.
Neben Kommunen, die die Basis von allem bilden, wurden auch die in den Kommunen ansässigen Mala Jin besucht. Dies sind Einrichtungen, die der Konfliktlösung innerhalb der Kommune dienen und deren Ziel es ist, eine moralische und politische Gesellschaft zu fördern. Die Selbstverteidigungskräfte, welche neben der leider notwendigen physischen und militärischen Verteidigung das Daseins einer ethischen Gesellschaft gegen alle möglichen Arten von Angriffen verteidigen, wirken sowohl nach außen als auch nach innen. Doch das Ziel sei es auch, dass sich die Kommunen irgendwann selbst verteidigen können.
Es wurde weiterhin von verschiedenen Besuchen bei Kooperativen berichtet und vom Prozess des Aufbaus einer dezentralen Art und Weise des Wirtschaftens. Dabei wurde auch auf die generelle Situation eingegangen, von den Jahrzehnten der staatlichen Abhängigkeit und der Methode des syrischen Regimes, eine nachhaltige und unabhängige Wirtschaft in Nordostsyrien zu unterbinden. Dies hat natürlich weiterhin Auswirkungen auf die ökonomische Situation in der Region. Dennoch gibt es mittlerweile viele Kooperativen, angepasst an den Bedürfnissen der Gesellschaft und auch von Wichtigkeit für Frauen im Kampf um ihre Unabhängigkeit.
Ein Besuch beim Frauenfernsehen Jin TV betonte die wichtige Rolle von autonomen Frauenmedien. Die aktiven Frauen dort erklärten ihr Selbstverständnis als Teil einer langen Geschichte von Frauen, die kämpfen und das Erbe derer als ihre Grundlage. Sie wollen die Stimme und Farbe aller Frauen widerspiegeln und „so lange Löcher ins System picken, bis es platzt“.
Der Aspekt und die Wichtigkeit der autonomem Frauenorganisierung wurden anhand all dieser Berichte als roter Faden aufgegriffen. So wurde auch von den noch nicht so lang befreiten Gebieten wie Raqqa und Tabqa erzählt und von der Euphorie, die dort unter den Frauen herrsche. Denn diese seien nach jahrelanger IS-Herrschaft erst recht aufgeregt über die Möglichkeiten zur eigenen Befreiung.
Nach Abschluss der Erzählungen der beiden Teilnehmerinnen wurden noch viele Fragen gestellt und davon berichtet, was man selbst aus den Erfahrungen der beiden für sich selbst und das Umfeld zieht.