Frauendorf Jinwar offiziell eröffnet
Fast zwei Jahre lang wurde das Frauendorf Jinwar in Rojava aufgebaut. Am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen, wurde es offiziell eröffnet.
Fast zwei Jahre lang wurde das Frauendorf Jinwar in Rojava aufgebaut. Am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen, wurde es offiziell eröffnet.
Am 10. März 2017 begann der Aufbau des Frauendorfes Jinwar mit der Unterstützung von tausenden Menschen. Schon am 25. November 2016 fand an diesem Ort zum ersten Mal eine Demonstration zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen statt. Zwei Jahre danach wird die offizielle Eröffnung des Frauendorfes gefeiert. Eine Schule, die Bäckerei, das Gesundheitszentrum für alternative Medizin, ein Laden, mehrere Wohnhäuser und eine Akademie wurden eingeweiht. Noch am Abend vor der Eröffnung war das Frauendorf unter dem Vollmond durch Regen aufgeweicht und matschig, doch pünktlich zur Eröffnung scheint die Sonne.
Gegen 11 Uhr treffen mehr und mehr Menschen ein, darunter Nachbarinnen und Nachbarn aus umliegenden Dörfern, zahlreiche Menschen, die beim Aufbau mitgewirkt haben, Vertreter*innen verschiedenster Organisationen aus ganz Rojava wie von Kongreya Star und der Jineolojî. Auch zahlreiche Mitglieder der YPJ sind gekommen, mehrere Delegationen aus Europa und viel Presse.
Das Aufbaukomitee besteht aus drei Frauen: Rûmet, Faraşîn und Nûjîn. Diese drei Frauen waren von Anfang an mit vier weiteren Freundinnen hier und übernachteten zunächst im Zelt. Sie haben es organisiert, dass hier mit 200.000 selbst hergestellten Ziegeln wunderschönen Häuser gebaut wurden. Inzwischen sind es 21 Wohnhäuser und zahlreiche Gemeinschaftseinrichtungen. Schon morgens werden Luftballons und Süßigkeiten an die Kinder von Jinwar verteilt. Mittlerweile sind es 29 Kinder, von denen jetzt viele in die neu aufgebaute Schule gehen.
Emira, eine der ersten Frauen, die hier eingezogen ist, schneidet das Band am großen Eingangstor durch und heißt die Menschenmenge willkommen. „Wir eröffnen diese Tür für alle Frauen und bedanken uns bei allen, die Jinwar ermöglicht haben“, erklärt sie. „Jin, Jiyan, Azadî“ rufen hunderte Frauen mit leuchtenden Augen. Alle gehen zusammen zur Dorfmitte, wo die Frauen, die nun in diesem Dorf leben werden, erneut die Gäste begrüßen und sich vorstellen.
Fatma erzählt als erste von ihrer Geschichte. Sie kommt aus Kobanê, ihr Mann ist dort bei einem Anschlag ums Leben gekommen. Nun lebt sie mit ihren drei Kindern hier in Jinwar. Berîtan und Medya aus Til Temir sind Schwestern. Beide haben einige Jahre bei den YPJ gekämpft, ihr Vater ist gefallen. Emira hat fünf Kinder, sie ist eine der ersten Frauen, die hier eingezogen ist und kommt aus einem der umliegenden Dörfer. Ihr Mann ist vor einiger Zeit an einem Herzanfall gestorben. Zeynep kommt aus Mexmûr, ursprünglich aus Nordkurdistan, sie hat ein Kind. Es gibt zwei Melkas im Dorf, eine ist Ezidin und hat ein Kind. Melka aus Deir ez-Zor hat drei Kinder, ihr Mann ist gefallen. Bedra kommt aus Shaddadi und hat fünf Kinder. Alle acht Frauen danken den drei Freundinnen Rûmet, Faraşîn und Nûjîn. Es ist ein sehr berührender Moment, in denen vielen die Tränen in die Augen steigen. Die Bewohnerinnen von Jinwar zeigen die ganze Vielfalt auf, sie kommen aus Bakur, Başûr und Rojava. Unter ihnen sind Araberinnen, Kurdinnen und Ezidinnen. Nûjîn, die am Aufbau mitgewirkt hat, kommt aus Deutschland.
Rûmet spricht im Namen des Aufbaukomitees. Sie erinnert daran, dass der 25. November der Tag des Widerstandes gegen Gewalt an Frauen ist. Jinwar sei ein Projekt der Philosophie von Abdullah Öcalan und mit dem Aufbau von Jinwar werde auch der Traum vieler gefallener Freundinnen Realität.
Evîn Sued aus der Koordination der Frauenbewegung Kongreya Star sagt, es sei ein historischer Tag. Frauen könnten hier jenseits von Gewalt und Unterdrückung leben, gemeinsam ihre Kinder großziehen. Sie beglückwünscht die Frauen, die mitgearbeitet haben und die Frauen, die hier leben werden.
Faraşîn vom Aufbaukomitee erklärt: „Das ist ein bedeutender Tag, hier haben wir einen Traum von Serok erfüllt.“ Cihan, die Mutter von Şehîd Mazlum, die immer wieder hier mitgearbeitet hat, erklärt, Jinwar erbringe den Beweis, dass Frauen alleine und selbstbestimmt leben können. Im Anschluss gibt es einen Rundgang durch das Dorf, zu den Schulgebäuden, benannt nach der Mutter von Abdullah Öcalan, Dayika Üveyş, und zur Akademiya Jinwar. In der Akademie sind Bilder aus der Bauzeit ausgestellt. Hier hat das Dorf seine Bildungsstätte, den Ort, an dem die Philosophie vermittelt wird, der das wunderbare Projekt Jinwar hervorgebracht hat.