Die vor siebeneinhalb Jahren von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) verschleppte Ezidin Roza Emin Bereket ist in Rojava von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) befreit worden und nach Şengal zurückgekehrt. Dort wurde sie von Verwandten in Empfang genommen. Ihre Eltern und Geschwister befinden sich weiterhin in der Hand des IS.
Roza Emin Bereket erklärte bei ihrer Ankunft in Şengal: „Der 3. August 2014 war der finsterste Tag meines Leben. Als die IS-Banden in Şengal einfielen, haben sie unser Volk ermordet, wir alle wurden voneinander getrennt. Sie haben uns vergewaltigt und verkauft. Die Einstellung der Islamisten zu ezidischen Frauen war schlimm. Wir wurden psychologisch gefoltert. Ich war in Deir ez-Zor und es wurde entschieden, dass ich in die Türkei gebracht werden soll. Auf dem Weg wurde ich von den QSD befreit. Dafür bedanke ich mich bei den QSD und den Sicherheitskräften. Die Sicherheitskräfte haben uns in ein Camp in Kobanê gebracht, in dem Eziden leben. Sie sprachen mit dem ezidischen Scheich Faruk. Danach wurde ich nach Şengal zu meiner Familie gebracht. Ich bin sehr glücklich, meine Verwandten wiederzusehen. Gleichzeitig bin ich traurig, weil ich meine Mutter nicht sehen kann. Ich glaube jedoch daran, dass sie auch befreit werden wird und ich sie wiedersehen werde.“
Roza Emin Berekets Onkel sagte: „Roza ist meine Nichte. Sie ist mit ihrer gesamten Familie vom IS gefangen genommen worden. Auch zwei ihrer Schwestern und ein Bruder konnten gerettet werden. Jetzt sind noch ihre Mutter, ihr Vater und mehrere Geschwister übrig. Roza wurde vor einem Monat gerettet. Jetzt ist sie endlich hier. Ich spreche allen, die dazu beigetragen haben, meinen unendlichen Dank aus.“
Der Genozid und Femizid in Şengal
Als der „Islamische Staat“ (IS) am 3. August 2014 in Şengal einrückte, zogen sich die rund 12.000 in der Region stationierten Peschmerga der südkurdischen Regierungspartei PDK ohne Vorwarnung zurück und überließen die dort lebenden Ezid:innen schutzlos den Islamisten. Für die ezidische Gemeinschaft begann die systematische Massakrierung, Vergewaltigung, Folterung, Vertreibung, Versklavung von Mädchen und Frauen sowie Zwangsrekrutierung von Jungen als Kindersoldaten. Wer fliehen konnte, zog sich in das Gebirge zurück. Dort schützte zunächst ein Dutzend Guerillakämpfer der HPG den Zugang zum Gebirge und verhinderte das Eindringen der Dschihadisten.
Am 6. August kamen zwei Bataillone der Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ aus Rojava den HPG zu Hilfe. Anschließend richteten die YPG/YPJ und die HPG einen Sicherheitskorridor ein, um die zu Zehntausenden auf den Şengal-Berg geflohenen Ezid:innen nach Rojava zu evakuieren. Über diesen Korridor konnten in den ersten Tagen bereits rund 50.000 Ezid:innen nach Rojava gelangen. So konnte ein noch größeres Massaker verhindert werden.
Im Petitionsausschuss des deutschen Bundestags ist am Montag über die Anerkennung des Genozids an der ezidischen Gemeinschaft durch den IS beraten worden. Fraktionsübergreifend forderten Bundestagsabgeordnete, dass die IS-Verbrechen an den Ezidinnen und Eziden offiziell als Völkermord bezeichnet werden. Die Petition war im Sommer von der Berliner Stelle für Jesidische Angelegenheiten e.V. eingebracht worden und hatte mehr als 57.000 Unterschriften gesammelt.