Offener Brief an CPT: Gegen die Isolation Öcalans vorgehen

Über 60 Frauenorganisationen und Einzelpersonen appellieren an das Antifolterkomitee des Europarats, etwas gegen die Isolation Abdullah Öcalans zu unternehmen.

Zum 22. Jahrestag des internationalen Komplotts, mit dem der kurdische Repräsentant Abdullah Öcalan aus der griechischen Botschaft in Nairobi nach Imrali verschleppt wurde, haben über 60 Frauen und Frauenorganisationen einen offenen Brief an das Antifolterkomitee des Europarats (CPT) geschrieben. In dem Brief heißt es:

„Wir fordern das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter auf, seinem Bericht über die unmenschlichen Bedingungen, unter denen der kurdischen Repräsentant Abdullah Öcalan inhaftiert ist, Handlungen folgen zu lassen. Wir fordern das Komitee und die Regierungen auf, die Türkei zu drängen, die Isolation Öcalans aufzuheben und wieder Verhandlungen aufzunehmen. Mit diesen Verhandlungen soll auf seine Freiheit und ein Ende der Feindseligkeiten gegenüber dem kurdischen Volk hingearbeitet werden.

Öcalan wurde am 15. Februar 1999 auf dem Weg nach Südafrika im Rahmen einer geheimen internationalen Operation von NATO-Mächten illegal entführt und an den türkischen Staat ausgeliefert. Über seine Rolle als politischer Führer einer Bewegung mit Millionen von Anhängern in Kurdistan und darüber hinaus wird Öcalan weithin als Ansprechpartner der kurdischen politischen Bewegung in den Gesprächen zur Aushandlung eines Friedensprozesses mit dem türkischen Staat akzeptiert. Seine Rolle im Friedensprozess wurde durch die direkten Gespräche der türkischen Regierung mit Öcalan in den Jahren 2013 bis 2015 durch die Regierung selbst bestätigt. Diese Zeit wurde von vielen Gruppen der vielfältigen türkischen Gesellschaft als eine Zeit der Hoffnung und der Gerechtigkeit gesehen. Der einseitige Abbruch der Friedensgespräche durch den türkischen Staat führte jedoch schnell zu einer der brutalsten Phasen des vier Jahrzehnte andauernden Konflikts. Er führte zur Tötung von Tausenden von Menschen, zur Vertreibung von Hunderttausenden und zur Zerstörung ganzer kurdischer Städte und Ortschaften. Gleichzeitig führte er zu einer Ausweitung der türkischen Angriffskriege und förderte systematisch dschihadistische, faschistische und frauenfeindliche Gewalt in der Welt. Mit dem Ende des Friedensprozesses hat der türkische Staat unter Präsident Recep Tayyip Erdogans AKP Öcalan vollständig isoliert und damit gegen internationales Menschenrechtsrecht, EU-Recht und türkisches Recht verstoßen.

Das Imrali-Gefängnis stellt somit einen Ort der Folter dar, an dem Recht und Menschenrechte außer Kraft gesetzt sind. Das Komitee des Europarats zur Verhütung von Folter (CPT), das für die Überwachung der Bedingungen in den Gefängnissen der Mitgliedsstaaten zuständig ist, stellte in seinem Bericht vom 5. August 2020 fest, dass ,der Zustand [im Imrali-Gefängnis] nicht akzeptabel ist und eindeutig gegen verschiedene relevante internationale Menschenrechtsinstrumente und -standards verstößt'. Heute machen sich führende Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft, Akademiker*innen, Intellektuelle, Künstler*innen, Politiker*innen und Menschenrechtsaktivist*innen auf der ganzen Welt, insbesondere Frauen, Öcalans Vorschläge für Basisdemokratie, Ökologie und Frauenbefreiung zu eigen.

Für kurdische Frauen war Öcalans Überzeugung, dass ,es keine freie Gesellschaft ohne die Freiheit der Frauen geben kann', eine wichtige Quelle der Ermutigung in ihrem Kampf gegen männliche Vorherrschaft und staatliche Gewalt. Aufbauend auf seinem Denken, das die Gleichberechtigung der Geschlechter in den Mittelpunkt stellt, haben die Frauen in Nordsyrien mitten im Krieg historische Fortschritte für ihre Rechte und Freiheiten gemacht.

Unter Erdogans AKP hat der seit langem gebeutelte Staat Türkei nie dagewesene Formen von Autoritarismus und Gewalt erlebt. Mehr denn je ist klar, dass der türkische Staat nicht nur zu einer Bedrohung für die Bevölkerung innerhalb der türkischen Grenzen wird, sondern auch zu einem wichtigen Auslöser für Konflikte in der weiteren Region. Allein im vergangenen Jahr hat die Türkei militärische Operationen in Syrien, im Irak, in Libyen und im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan gestartet und droht mit weiteren Eskalationen im Mittelmeer.

Als Frauen verurteilen wir das Versagen regionaler und internationaler Institutionen, den türkischen Staat für seine systematische Folter von Öcalan zur Rechenschaft zu ziehen. Indem der türkische Staat Öcalans Stimme, die konsequent für eine demokratische politische Lösung eintritt, zum Schweigen bringt, verhindert er jede Chance auf Hoffnung auf Frieden und Gerechtigkeit in der Zukunft.

Wir appellieren an all die Institutionen, die für sich in Anspruch nehmen, Gerechtigkeit, Frieden und Menschenrechte zu verteidigen, ihren Pflichten nachzukommen. Wir ermutigen alle Frauen, gegen die Isolation und Inhaftierung von Abdullah Öcalan aufzustehen und sich unseren Forderungen nach seiner Freiheit anzuschließen.“

1. Frauenkomitee der Plattform der iranischen Völker

2. Frauenfront in Ostkurdistan

3. Rechtsplattform der iranischen Völker

4. Neyêre Ansarî, Anwältin und vereidigte Dolmetscherin

5. Meweranî, Frauenrechtsaktivistinnen

6. Sroue Ghotbi, Psychologin, Frankreich

7. Jamile Karimi, Aktivistin, Deutschland

8. Mitra Dervishyan, Schriftstellerin, Armenien

9. Hajar Karimi, Menschenrechtsaktivistin, Deutschland

10. Fatma Karim, Menschenrechtsaktivistin, Schweden

11. Parvin Karimi, Schweden

12. Chimen Karimi, Frauenrechtsaktivistin, Niederlande

13. Amine Karimi, Frauenrechtsaktivistin, Schweden

14. Tanya Mamrostemi, Aktivistin

15. Ronak Fadayi, Frauenrechtsaktivistin, Deutschland

16. Awat Scharifi, Aktivistin, Deutschland

17. Masume Sayedmuhamedi, Wirtschaftswissenschaftlerin, Norwegen.

18. Fatma Ebrahimi, Menschenrechtsaktivistin, Belgien

19. Sumeye Ahmedpanah, Belgien

20. RAWA - Revolutionäre Vereinigung der Frauen Afghanistans

21. RONAK- Organisation der Frauen aus Rojhilat

22. Kürye Riyah Cüdeh- Vorsitzende des Forums der Einheit von Jugend und Frauen, Irak

23. Nur El-Huda Zaki- Koordinatorin der Frauenbewegung für Wandel in Ägypten, Ägypten

24. Sheza Naji, Vorsitzende des Vereins „Frauen für den Frieden“ - Irak

25. Dr. Safiya Zaza, Juristin und Wirtschaftswissenschaftlerin

26. Erish al-Kurdi, Palästinensischer Schriftstellerin und Dichterin und Vorsitzende des Frauenkomitees der Libanesisch-Palästinensischen Jugendverwammlung

27. Zahra Ahmed Muhammed, Verantwortliche der Frauenabteilung Union der palästinensischen Gewerkschaften, Abteilung Libanon

28. Ilfet Mahmud, Vorsitzende der Vereins palästinensischer Frauen im Libanon

29. Kejal Nûri, Südkurdische Dichterin und Schriftstellerin – Niederlande

30. Leyla al-Tay, stellvertretende Vorsitzende der Syriac Union Party

31. Suad Brahmam Anwältin und Menschenrechtsaktivistin, Marokko

32. Zeyneb Huseyin Miruwah, Vorsitzende des Vereins demokratischer Frauen im Libanon

33. Afaf Ghattasha, Vorsitzende der Vereinigung der palästinensischen Arbeiterfrauen

34. Frauenabteilung der Partei Demokratischer Weg, Marokko

34. Shamiran Mrokel, Vorsitzende des Vereins der irakischen Frauen

35. Radiyah al-Jarbi, Vorsitzende der Union tunesischer Frauen (UNFT)

36. Entwicklungsverein für Frauen auf dem Land, Palästina

37. Rabiha al-Farisi- Libysche Frauenrechtsorganisation

38. Selwa Giga- Afrikanische Frauenunion, Mitglied des Komitees für Frieden und Sicherheit

39. CODESA- Sahara Human Rights Defenders Association Hanan, Westsahara

40. Mahjubi- Sozialistische Partei, Vrsitzende des Frauenvereins Masarat, Tunesien

41. Aidah Nasrallah- Vorsitzende des libanesischen Frauenrechtskomitees

42. Jîn – Fraueneinrichtung, Libanon

43. Kulturverein Newroz, Libanon

44. Ayşe Hiso, Ko-Vorsitzende der PYD, Rojava

45. Khadija Ryadi, Frauenrechtsaktivistin, Marokko

46. Ruba Ude, Mitglied der Koordination des internationalen Frauenmarschs, Palästina

47. Selay Ghaffar, Sprecherin des Solidaritätsrats Afghanistans, Afghanistan

48. CPAZ – Barış, hükümet, entegrasyon ve mücadele koordinasyonu

49. Feministas del Abya Yala, Paraguay

50. Rita Laura Segato, Professorin, Universität Brasilia

51. Catherine Walsh, Aktivistin, Lehrbeauftragte an der Simon Bolivar Universität, Ecuador

52. Dr. Sylvia Marcos, Professorin für feministische Theologie an der ibero-amerikanischen Universität

53. Ständiges Seminar für Gender und Anthropologie, IIA- UNAM, Mexiko

54. Margaret Owen, Anwältin, England

55. Wendy Lyon, Feministin, Aktivistin, Anwältin, Irland

56. Julie Ward, ehemalige Abgeordnete, USA

57. Debbie Bookchin, Schriftstellerin, USA

58. Meredith Tax, Schriftstellerin, Aktivistin, USA

59. Laura Corradi, Soziologieprofessorin Calabrien

60. International Association of Philosophers, Italien

61. Verein der fortschrittlichen marokkanischen Frauen