Meral Çiçek: Femizid muss weltweit organisiert bekämpft werden

Weltweit werden systematisch Frauen ermordet, die führende Rollen in gesellschaftlichen Kämpfen einnehmen. Meral Çiçek vom kurdischen Frauenbüro REPAK erläutert die Hintergründe der internationalen Kampagne „Weaving ourselves for life“.

73 Frauenorganisationen und 181 Einzelpersonen aus zahlreichen Ländern haben im Mai die Kampagne „Weaving ourselves for life“ gegen Femizide gestartet. Mit der Kampagne werden die weltweiten Morde an führenden Vertreterinnen der Frauenbewegung angeprangert. Zu den Initiatorinnen gehören das in Südkurdistan ansässige Frauenbüro REPAK (Kurdish Women's Relation Office / Navenda Pêwendiyan a Jinên Kurd) und der Frauenrat der Zukunftspartei Syriens, deren Generalsekretärin Hevrîn Xelef im Oktober 2019 von protürkischen Islamisten ermordet wurde.

Meral Çiçek vom Frauenbüro REPAK hat die Inhalte der Kampagne gegenüber ANHA erläutert. Die kurdische Sozialwissenschaftlerin ist Mitglied der Redaktion des dreimonatlich erscheinenden Magazins Jineolojî (kurd. „Wissenschaft der Frau”) und beobachtet die weltweite Entwicklung der Frauenbewegung und die zunehmend organisierten Kämpfe gegen Feminizide. Wie Meral ausführt, ist für die Kampagne eine gemeinsame Plattform gegründet worden. Der Schwerpunkt der Kampagne liegt auf der systematischen Ermordung von Frauen, die eine führende Rolle im Kampf gegen das patriarchale Herrschaftssystem einnehmen. „Diese Femizide sind keine individuellen Morde und keine Einzelfälle. Wir versuchen, die dahinter stehende Struktur herauszustellen. Die Täter werden im Allgemeinen nicht bestraft und wir führen einen juristischen Kampf, um weitere Morde zu verhindern“, so Meral Çiçek:

„Da politisch aktive Frauen weltweit ermordet werden, müssen internationale Netzwerke dagegen gegründet werden. Einzelne Initiativen sind weniger effektiv. Von den führenden kurdischen Frauen sind zum Beispiel Sakine Cansız, Leyla Şaylemez und Fidan Doğan in Paris ermordet worden, Hevrîn Xelef wurde während der türkischen Invasion in Nordostsyrien hingerichtet. Die gleichen Morde werden auch in Kolumbien und Mexiko begangen. Angegriffen werden insbesondere Frauen, die eine gesellschaftliche Führungsrolle einnehmen.“

Für einen effektiven Kampf der Plattform sei eine internationale Vernetzung notwendig, sagt Meral: „Denn auch die Gegner der Frauen organisieren sich. Um unser Bündnis zu vergrößern, nehmen wir Kontakt mit weiteren Frauenorganisationen auf. Die kapitalistischen Kräfte und die Staaten agieren auf internationaler Ebene gemeinsam. In Kurdistan gehen die Staaten zusammen mit Islamisten gegen Frauen vor. Aus Nord- und Ostsyrien haben sich der Frauenverband Kongreya Star und der Frauenrat der Zukunftspartei Syriens der Plattform angeschlossen. Arabische Frauen haben dort große gesellschaftliche Veränderungen geschaffen.“

REPAK steht mit Frauen aus Kurdistan, Kolumbien, Afghanistan, den Philippinen, Bangladesch, Mexiko und Brasilien im ständigen Online-Austausch: „Wir haben kurz-, mittel- und langfristige Pläne. Kurzfristig werden wie vier Diskussionsveranstaltungen durchführen. Mittelfristig wollen wir die nach 2000 begangenen Femizide dokumentieren. Als langfristiges Projekt werden wir einen Frauengerichtshof gründen. Diese Vorhaben erfordern viel Arbeit. Als Frauen werden wir unseren politischen und juristischen Kampf fortsetzen. Wir wollen durchsetzen, dass Femizide nicht ungestraft bleiben. In diesem Zusammenhang setzen wir uns für jährlichen Kampftag gegen Morde an führenden Frauen ein“, so Meral Çiçek vom kurdischen Frauenbüro REPAK.