73 Frauenorganisationen und 181 Einzelpersonen aus zahlreichen Ländern haben eine Kampagne gegen Feminizide gestartet. Mit der Kampagne sollen die Morde an führenden Vertreterinnen der Frauenbewegung angeprangert und Feminizide weltweit bekämpft werden. Unter den Initiatorinnen sind unter anderem das in Südkurdistan ansässige Frauenbüro REPAK (Kurdish Women's Relation Office / Navenda Pêwendiyan a Jinên Kurd) und der Frauenrat der Zukunftspartei Syriens, deren Generalsekretärin Hevrîn Xelef im Oktober 2019 von protürkischen Islamisten ermordet wurde.
In dem Kampagnenaufruf heißt es unter der Überschrift „Für das Leben unserer Pionierinnen und Vorreiterinnen. Nicht ein einziger Feminizid mehr“:
Jeder Feminizid ist politisch, er ist ein Produkt der Macht- und Herrschaftsverhältnisse, die das patriarchale System in den letzten 5.000 Jahren etabliert hat. Von damals bis heute unterjocht die Allianz aus Religion, Staat und Militär das Land, die Menschen und die Frauen.
All diese Morde sind Ausdruck einer herrschenden Mentalität, die nur ihr Recht auf Eigentum akzeptiert, und folglich einen sanftmütigen und stummen Gehorsam der Frauen. All diese Morde zeigen, wie rücksichtslos die Machthaber sind, die die Macht der werktätigen Mehrheit beschneiden wollen, wie despotisch die herrschende Klasse gegen die Frauen der werktätigen Klasse und den Rest der marginalisierten Sektoren ist. Tyrannei und Militarismus, Überfall und Invasion beherrschen die Welt und haben es auf diejenigen abgesehen, die anders denken und ihre Rechte verteidigen.
Wir sind Zeuginnen einer deutlichen Zunahme politischer Morde, die von Nationalstaaten, paramilitärischen Kräften und staatlichen Unternehmen im Namen transnationaler Wirtschaftsinteressen gegen weibliche politische und kommunale Führungspersönlichkeiten weltweit verübt werden. Wenn wir uns das Profil der Frauen ansehen, die bei Attentaten ermordet werden, sehen wir, dass sie eine gewisse Vorreiterinnenrolle bei der Organisation und Führung des Kampfes gegen Ausbeutung haben. Aktivistinnen, Intellektuelle, Anwältinnen, Journalistinnen, Künstlerinnen, Revolutionärinnen und Politikerinnen, die ihre Heimat, ihr kollektives Territorium und ihr Lebensumfeld als Vertreterinnen der Frauenrechte, der Menschenrechte, der indigenen Völker verteidigen. Sie werden ins Visier genommen, weil sie eine führende Rolle in ihren Organisationen und Gemeinschaften einnehmen und sich der Gier der wirtschaftlichen Interessen entgegenstellen.
Es reicht! Wir können es nicht mehr ertragen!
Deshalb haben wir beschlossen, uns zum Leben zu weben, um uns umeinander zu kümmern und die Frauenmorde zu stoppen; insbesondere jene gegen Frauen, die dies verstehen und dagegen kämpfen, für unsere Freiheit als Menschheit.
So, als die Frauen, die wir sind: Wir wollen die Wurzel dieser Feminizide gegen unsere Pionierinnen und Vorreiterinnen der Zeit der Freiheit aufdecken und anprangern. Wir wollen kollektiv den Kontext ergründen, um zu wissen, warum wir getötet werden. Wir wollen die Machtstrukturen aufdecken, die unsere Kriminalisierung, Beschuldigung und unseren Tod fördern und davon profitieren. Wir wollen Erfahrungen unserer eigenen Gerechtigkeit austauschen, die von den Territorien aus die patriarchale, koloniale, staatliche, rassistische, kapitalistische (Un-)Gerechtigkeit überfluten. Wir wollen uns autonomen Tribunalen anschließen, die bereits historische Beispiele für den Kampf und die Verteidigung von Frauenverteidigerinnen gesetzt haben.
Wir, die Nachkommen der verbrannten und befreiten Hexen, die Enkelinnen der kolonisierten und versklavten Frauen, die Töchter der zivilisierten und verbürgerlichten Frauen, sind die Erbinnen jahrtausendealter Weisheiten, wir sind die Hüterinnen unserer Territorialitäten und aus verschiedenen Sphären kämpfen wir weiter für das Leben, trotz des Todes, der uns auferlegt wird. Wir sind diejenigen, die sich beschwören, uns hier und jetzt zu weben, aus einer kritischen und selbstkritischen Perspektive, die es uns erlaubt, uns zu organisieren und gemeinsam gegen die Feminizide vorzugehen, um den patriarchalen Pakt zu erkennen, ihm entgegenzutreten und ihn zu überwinden.
Wir wissen um die Systematik, die gemeinsamen Muster und die Straflosigkeit, die es überall gibt. Wir wissen von den zahllosen Organisationen, Initiativen und Kampagnen auf der ganzen Welt, die jetzt Frauenmorde untersuchen, aufdecken und anprangern, und von denen, die das in der Geschichte getan haben. Wir wissen um die Gerichte und ihre Bemühungen, Gerechtigkeit gegen den Staat und transnationale Konzerne walten zu lassen. Aus diesem Grund ist es nicht unsere Absicht, eine weitere Struktur zu schaffen oder den Kampf gegen die Frauenmorde zu monopolisieren, sondern uns als die Frauen, die wir sind, international zu organisieren, um uns zur Verteidigung der Frauenverteidigerinnen zu verweben. Uns zu verbinden und alles zu tun, was nötig ist, um den Feminiziden an Pionierinnen und Vorreiterinnen ein Ende zu setzen, die die sozialen Kämpfe zerstören.
Um diesen Prozess zu beginnen, werden wir eine Kampagne gegen Feminizide führen, indem wir auf die Schwesternschaft und die Solidarität zwischen den Organisationen, auf das Vertrauen und die Verbundenheit zwischen den Frauen und auf die ethische und politische Verpflichtung bauen, die uns alle dazu aufruft, Gerechtigkeit gegen die Ungerechtigkeit zu schaffen, die wir Frauen auf der Welt erleiden. Bei all dem und bei allem, was an Wut, Schmerz und Inspiration nicht genannt werden kann, schlagen wir als wesentliches Prinzip vor, dass dieser Kampf gegen die Ermordnung von Pionierinnen und Vorreiterinnen uns allen gehört, die sich dafür einsetzen. Niemand soll sich anmaßen, das zu besitzen, was uns allen und jeder Einzelnen gehört: das Leben, die Gerechtigkeit und der Kampf für unsere Freiheit.
Initiatorinnen der Kampagne
Bei den Organisationen der Kampagne handelt es sich um:
Acción Afro-Dominicana, Dominic Republic
Acid Magazine - Feminist Publication
Afro Las Malungas Women's Collective, Colombia
Alianza Ceibo Foundation, Ecuador - Alicia Salazar, Executive Director
Alternative Vision, A.C., Mexico
Amazon Frontlines - AF
Antipatriarchal Communitarian Feminism, Qullasuyu, Marka, Bolivia
Anti-patriarchal Community Feminism
Aquelarre, visual communication and design laboratory, Popayán, Cauca, Colombia
Autonomous Women and Dissidents of the Committee of Solidarity with Kurdistan, Mexico City
Casafem, Paraguay
CEPLA Ecuador
Chimborazo Provincial Preparatory Committee for the 3rd International Meeting of ALyC Women. Brazil 2022.
Collective Ana Peralta, Ecuador
Chiapas Women's Rights Center, Mexico
Colectiva Caracol Artesanal, Mexico
Collective of Anthropology of Ecuador
Collective Café de Mujeres, Mexico
Collective Not One Less - Buenos Aires, Argentina
Commune Women Ecuador
Committee of solidarity with Kurdistan - Ecuador
Community practices for the rescue of memory and Life. Women fighting Xalapa, Veracruz, Mexico
CONCONAWEP - Coordinating Council of the Waorani Nationality of Ecuador-Pastaza, Nemonte Nenquimo, President
Coordinator of peasant and indigenous women, Paraguay
Courage, Germany
Dissident Cholas, Chile
Diversa House, Paraguay
Feminism, gender, intersectionality and political subjects, Master's degree in education and human rights from UNAULA, Colombia
Feminist citizen collective "Don't wait for it to happen to you", Ecuador
Feminist Runas Collective, Ecuador
GABRIELA National Alliances of Filipino Women, Philippines
Insurgent Women's Network, Mexico
#keinemehr (Germany)
Kongreya Star, Rojava - North East Syria
Kufa e.V., Germany
Kuña Sororas Collective, Paraguay
Kurdish Women’s Relations Office (REPAK), Iraqi Kurdistan
Latin American Association for Alternative Development, ALDEA, Ecuador
Latin American Feminist Network: community spaces for self-care Ecuador
Latin American Network against gender violence, regional
Macarena, Colombia
Madre Tierra Newspaper, Medellín, Colombia
Mapuche women's network Trawun pu zomo, Cholchol commune, Wallmapu
MuMaLa-Women of the Latin American Matria, Argentina
MundoSur, regional
Ñotyhara feminist collective, Paraguay
OSU Women, Paraguay
Platform of Feminist University Women - PUF, Paraguay
Pocho house cultural still life, Ludueña, Rosario, Argentina
Politically Incorrect Collective, Mexico
Popular Female Front, Ecuador
Red Colectivas Feministas de Michoacán, Mexico.
Relatives and companions of victims and survivors of femicides, Ecuador.
Resistance Theater, Chile
Ruda Collective Feminist Ecuador
SERUNI, Indonesia
SETAA Communities - Planters of Territories, Waters and Autonomies, affected by Hidroituango
Siona Buenavista Indigenous Reservation, Colombia
Socio-environmental Committee of the 8M Feminist Coordinator, Chile
Stop Honor Killings, Iran
Sycorax Collective, Quito, Ecuador
Team for addressing gender violence of La Red Agroecológica, Paraguay
The Purple Comadres, Venezuela
Women and the Sixth, Mujeres y La Sexta, Mexico
Women’s Council of the Future Party, North East Syria
Women Corporation, San Pedro de la Paz, Wallmapu
Women for Change, Ecuador
Women from Alternative Vision, Mujeres de Visión Alternativa, Mexicali, BC, Mexico
Women’s Initiative Against Feminicide and Occupation, MENA Region
Women's House - Bañado Tacumbu, Paraguay
Women Movement for Water and Territories (central zone), Chile
Women’s Network, Sweden
Women of Somos Cerro Blanco, Chile
Women's Organization of Santa Úrsula
Kontakt: [email protected]
campaignwomendefenders.blogspot.com