Kurdischer Politiker Yüksel Koç in Bremen festgenommen

Nach der Festnahme des Politikers Yüksel Koç in Bremen wächst die Kritik an der Kriminalisierung kurdischen Engagements in Deutschland. Während die Bundesanwaltschaft nach §129b StGB ermittelt, sprechen Aktivist:innen von politischer Verfolgung.

Kritik an Kriminalisierung legaler politischer Arbeit

Der kurdische Politiker Yüksel Koç ist am Dienstag in seiner Wohnung in Bremen festgenommen worden. Nach Angaben seiner Anwältin Fatma Sayin erfolgte die Maßnahme im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Bundesanwaltschaft. Die Polizei durchsuchte über mehrere Stunden Koçs Wohnung, ohne konkrete Unterlagen oder einen Durchsuchungsbefehl vorzulegen. Im Anschluss wurde der 61-Jährige nach Karlsruhe gebracht, wo er voraussichtlich am Mittwoch einem Ermittlungsrichter vorgeführt wird. Der vermeintliche Verdacht: Mitgliedschaft bei der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).

Anwältin: Vorwürfe stützen sich auf Engagement in Dachverband

Yüksel Koç ist eine bekannte Figur der kurdischen Bewegung in Europa und war von 2016 bis 2023 Ko-Vorsitzender des Dachverbands KCDK-E. Die Vorwürfe gegen ihn stützen sich laut Sayin auf §129b StGB („Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung“) und beziehen sich auf seine Tätigkeit innerhalb des KCDK-E. Seine Anwältin betont jedoch: „Alle betreffenden Aktivitäten waren legal, öffentlich und politischer Natur. Wir werden im Verfahren alle rechtlichen Einwände vorbringen.“


Kritik an Zeitpunkt der Festnahme

Die Festnahme von Koç wirft Fragen auf – insbesondere angesichts des zeitlichen Zusammenhangs mit dem jüngst abgehaltenen 12. Kongress der PKK, auf dem diese ihre Selbstauflösung und die Einstellung des bewaffneten Kampfes erklärt hatte. Der Aktivist Mehmet Demir erinnert daran, dass das Auswärtige Amt diesen Schritt ausdrücklich begrüßt und Bereitschaft für neue Friedensinitiativen signalisiert hatte. Umso widersprüchlicher sei es, so Demir, wenn ausgerechnet jetzt ein bekannter kurdischer Funktionär festgenommen werde: „Unterstützt Deutschland den Friedensprozess, indem es kurdische Aktivist:innen verhaftet?“

Kriminalisierung in Bremen: Ein Muster?

Die Festnahme Koçs reiht sich ein in eine Serie polizeilicher Maßnahmen gegen kurdische Strukturen in Bremen. In den letzten Jahren häuften sich dort Razzien gegen kurdische Kulturvereine, die oftmals ohne klare Begründung durchgeführt wurden. Besonders umstritten war eine Polizeiaktion Ende April, bei der über 30 Personen während eines Treffens im Kulturzentrum Biratî e.V. stundenlang festgehalten wurden. Auch Lokalpolitiker wie Muhlis Kocaağa (Die Linke) äußerten sich kritisch: „Ich habe viele Polizeieinsätze erlebt – aber einen derart langen und unbegründeten Einsatz noch nie.“

Auch Angriffe aus rechtsextremen Kreisen gab es bereits gegen die kurdische Community in Bremen. Im Februar 2024 wurden beispielsweise Nazi-Symbole und Patronenhülsen in den Briefkasten von Biratî e.V. gelegt – bislang ohne Ermittlungserfolg.

Lange Geschichte antikurdischer Repression

Die Bundesanwaltschaft geht seit Jahren mit §129b-Verfahren gegen Aktivist:innen mit Kurdistan-Bezug in Deutschland vor. Die kurdische Community sieht darin den Versuch, politische Opposition zu delegitimieren. Die Vorwürfe betreffen häufig Aktivitäten, die in anderen Kontexten als Teil politischer Mitwirkung gelten würden: Organisation von Demonstrationen, kulturelle Veranstaltungen oder Vereinsarbeit.