Vom LKA Niedersachsen initiierte Durchsuchung
Die Razzia im Demokratischen Kurdischen Gesellschaftszentrum in Bremen, auch Biratî e.V., dauerte bis Mitternacht an. Rund 150 Personen versammelten sich zur späten Stunde zu einer spontanen Kundgebung vor dem Gebäude, um gegen den Einsatz zu protestieren und ihre Solidarität mit dem Verein zum Ausdruck zu bringen. Dabei wurden polizeikritische Redebeiträge gehalten und Parolen wie „Die Repression kann uns nicht einschüchtern“ und „Jin Jiyan Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit) skandiert.
Dutzende Personen festgesetzt
Gegen 15 Uhr war ein großes Polizeiaufgebot vor dem kurdischen Verein in der Bremer Neustadt vorgerückt. Anlass waren Durchsuchungsmaßnahmen auf Betreiben des Landeskriminalamtes Niedersachsen. Im Zuge dessen waren die Vereinsräume durchsucht und etwa 35 Personen stundenlang festgesetzt worden. Nach Angaben des Vorstands beschlagnahmte die Polizei mehrere Mobiltelefone. Auch ein Fahrzeug wurde durchsucht, außerdem wurde Bargeld von im Verein befindlichen Personen beschlagnahmt. Wie hoch der Betrag ist, war zunächst unklar.
KON-MED: Unnötige Härte und eine aggressive Polizei
Die Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V. (KON-MED) kritisierte die Durchsuchungsmaßnahmen. Die Polizeiaktion sei von „unnötiger Härte und aggressivem Vorgehen“ geprägt gewesen, sagte die Ko-Vorsitzende Ruken Akça laut Mitteilung des Dachverbands. „Trotz der Dialogbereitschaft der Verantwortlichen des Vereins drohte die Polizei damit, Türen gewaltsam aufzubrechen – ein Vorgehen, das grundlegend zu kritisieren ist.“ Die Betroffenen waren stundenlang ohne anwaltlichen Beistand festgesetzt worden. Eine Person wurde ohne nachvollziehbare Begründung in Polizeigewahrsam genommen.
Akça: Widerspruch zur offiziellen Haltung Deutschlands
„Die Bundesrepublik hatte sich erst kürzlich für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage ausgesprochen und den historischen Aufruf von Abdullah Öcalan für Frieden und eine demokratische Gesellschaft unterstützt, indem sie über das Außenministerium einen entsprechenden Brief an die türkische Regierung richtete“, erklärte Akça. Das Vorgehen des Innenministeriums und der niedersächsischen Behörden stehe jedoch in eklatantem Widerspruch zu dieser Position.
„Antikurdischer Rassismus schadet dem demokratischen Zusammenleben“
Fast 1,5 Millionen Kurd:innen leben in Deutschland – sie sind Teil dieser Gesellschaft und handeln stets im Rahmen demokratischer Grundsätze, ergänzte sie. „Der betroffene Verein ist rechtlich eingetragen und verfolgt ausschließlich, demokratische Ziele. Die zunehmende Kriminalisierung kurdischer Institutionen untergräbt die Werte, auf die sich Deutschland beruft“, so Akça.
Als der größte Dachverband kurdischer Selbstorganisierung in Deutschland fordert KON-MED:
eine öffentliche Stellungnahme der Landesregierung Niedersachsen zu den Vorfällen,
- die Aufhebung des PKK-Verbots, welches jegliche Tätigkeit von Kurd:innen unter Generalverdacht stellt,
- die Einstellung der politischen Repression gegen kurdische Vereine und ihre Mitglieder.
„Deutschland muss sich entscheiden: Dialog oder Diskriminierung?“
Statt kurdische Aktivist:innen unter Generalverdacht zu stellen, sollte die Bundesregierung ihre eigene Rhetorik ernst nehmen und sich für eine friedliche, demokratische Lösung der kurdischen Frage einsetzen, fordert KON-MED. Antikurdischer Rassismus diene niemandem – weder der Sicherheit noch dem sozialen Frieden in Deutschland. „Ganz im Gegenteil: Kurd:innen stärken durch ihre Selbstorganisierung die Demokratie“, so Ruken Akça.