Leyla Güven erhält „Bunkerstrafe“

Die zu 27 Jahren Haft verurteilte kurdische Politikerin Leyla Güven ist wegen angeblichen Fehlverhaltens im Strafvollzug mit einer Disziplinarstrafe belegt worden. Wegen Beleidigung eines Wachmanns soll sie für elf Tage in eine Isolationszelle.

Die kurdische Politikerin Leyla Güven ist vom Disziplinarausschuss der Vollzugsanstalt Elazığ (ku. Xarpêt) mit einer elftägigen Isolation bestraft worden. Der ehemaligen HDP-Abgeordneten und Ko-Vorsitzenden des zivilgesellschaftlichen Zusammenschlusses KCD (Demokratischer Gesellschaftskongress, tr. DTK) wird „Beleidigung oder Bedrohung öffentlich Beschäftigter“ vorgeworfen.

Hintergrund der Disziplinarstrafe ist ein Vorfall im Gefängnis, den Leyla Güvens Tochter Sabiha Temizkan am 11. Januar bekannt gemacht hatte. Demnach wurde Leyla Güven von einem Vollzugsbeamten bedroht, als sie innerhalb der Anstalt zur Impfung gebracht wurde. Der Wachmann habe sie in drohendem Tonfall aufgefordert, die Hände aus den Taschen zu nehmen, und seine Drohgebärden trotz des Einschreitens des zweiten Gefängnisdirektors fortgesetzt.

Leyla Güven ist im Dezember 2020 wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft zu mehr als 22 Jahren Haft verurteilt worden. Begründet wurde die Strafe unter anderem mit „matriarchalem Gedankengut“. Wenige Monate zuvor war ihr das Abgeordnetenmandat entzogen worden. Die Mutter von zwei Kindern ist nicht zum ersten Mal im Gefängnis: 2009 wurde sie im Rahmen der international kritisierten „KCK-Operationen” verhaftet und kam erst nach fünf Jahren wieder frei. Zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung war Güven Bürgermeisterin der kurdischen Stadt Wêranşar.

Im Januar 2018 wurde sie erneut in Untersuchungshaft genommen, diesmal wegen ihrer Kritik am Angriffskrieg gegen Efrîn. Damals erlangte sie auch internationale Bekanntheit, als sie im November desselben Jahres eine insgesamt 200-tägige Hungerstreikbewegung für die Aufhebung der Isolationshaftbedingungen für den seit 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierten PKK-Gründer Abdullah Öcalan initiierte. Im Juni 2020 wurde sie erneut verhaftet, nur wenige Stunden nachdem das Parlament in Ankara ihr Mandat und damit auch die Immunität entzogen hatte. Als Begründung wurde das inzwischen rechtskräftige Urteil im KCK-Verfahren herangezogen.

Im November 2021 wurde Leyla Güven zu einer weiteren Haftstrafe in Höhe von fünf Jahren wegen „Terrorpropaganda“ verurteilt. Hintergrund war eine Rede, die sie am 15. Februar 2020 auf einer Kundgebung als Parlamentsabgeordnete in Gever (tr. Yüksekova) hielt. Bei der Veranstaltung ging es unter anderem um die Isolation von Abdullah Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali. Güven hatte damals gesagt: „Der Friedensappell von Herrn Öcalan ist von großer Bedeutung. [Der Staat] muss die Isolation beenden und seine Gesundheit sowie Sicherheit gewährleisten. Dann steht dem Frieden im Mittleren Osten nichts mehr im Wege.“ Weil Güven dem Namen von Öcalan die übliche Bezeichnung „sayın” (verehrter, entsprechend dem deutschen „Herr“) vorangestellt hatte, erstatteten die anwesenden Polizisten eine Anzeige.

Darüber hinaus laufen Verfahren gegen Leyla Güven und weitere Mitgefangene, weil sie im Gefängnis auf Kurdisch gesungen und dazu getanzt haben sollen.