Die Ermordung der Aktivistin Firyal Silêman Xalid in Kerkûk sorgt bei Frauenorganisationen für Wut und Trauer. „Das ist nicht das erste politische Attentat an kämpfenden Frauen, und es gibt keine Rechtfertigung für derart abscheuliche und feige Taten“, sagte die Sprecherin des Frauenrats der DEM-Partei, Halide Türkoğlu, auf der wöchentlichen Pressekonferenz des Verbands in Ankara.
„Wo auch immer in der Welt sie sich befinden, Frauenaktivistinnen und Politikerinnen waren zu jeder Zeit der Geschichte das Ziel patriarchaler Machtstrukturen. Diejenigen, die Frauen wie Rosa Luxemburg, Sakine Cansız, Sêvê Demir und Nagihan Akarsel ermordet haben, haben wieder einmal ihr blutiges Gesicht gezeigt, diesmal in Kerkûk. Das Attentat auf Firyal Silêman Xalid ist ein politischer Mord. Wir wissen sehr wohl, welche Kräfte dahinterstecken“, sagte Türkoğlu.
Die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) sprach ebenfalls von einem politischen Mord. Firyal Silêman Xalid sei das bislang letzte Opfer einer seit Jahren andauernden Serie von tödlichen Attentaten auf Kurdinnen, die sich einreihe in die antikurdisch motivierte genozidale Politik des türkischen Staates, hieß es in einer Erklärung der Bewegung: „Die Ermordung von Firyal, die einer Hinrichtung glich, ist ein massiver Angriff auf den Willen aller Frauen und ihre protagonistische Rolle bei der Organisierung der Gesellschaft.“
Der Dachverband der Frauenbewegung in Nord- und Ostsyrien, Kongra Star, verurteilte die Bluttat und verlangte von den irakischen Behörden eine vollständige Aufklärung des Mordes. „Sie müssen die Wahrheit ans Licht bringen. Andernfalls machen sie sich mitschuldig und zu Helfern der Mörder von Firyal Silêman Xalid“, betonte Kongra Star. Frauen rief der Dachverband auf, „sich zu erheben und für den Kampf um Freiheit einzustehen“, um zur Aufklärung des Mordes beizutragen und Rechenschaft zu fordern.
Auch die Koordination der Gemeinschaft der Frauen Kurdistans (KJK) hat das tödliche Attentat verurteilt. „Der faschistische, femizidale und genozidäre türkische Staat hat mit der Ermordung der kurdischen Revolutionärin Firyal Silêman Xalid einmal mehr sein schmutziges, blutrünstiges und finsteres Gesicht gezeigt. Die von der AKP/MHP-Allianz geführte Regierung, Geißel der Welt, bindet in ihren Krieg gegen das kurdische Volk seit 2013 systematisch die Ermordung von führenden Frauenpersönlichkeiten ein. Seit dem Massaker an unseren Weggefährtinnen Sakine Cansız (Sara), Fidan Doğan (Rojbîn) und Leyla Şaylemez (Ronahî) am 9. Januar 2013 mitten in Frankreichs Hauptstadt Paris wurden in Europa sowie in Nord-, Süd- und Westkurdistan dutzende kurdische Revolutionärinnen, Politikerinnen und Aktivistinnen getötet."
Weiter erklärte die KJK: „Diese Anschläge, die nichts anderes als Massaker sind, stehen ohne Zweifel in engem Zusammenhang mit dem Bewusstsein, das durch den seit Jahrzehnten andauernden kurdischen Befreiungskampf erlangt wurde, und der Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen dieses Widerstands. Der türkische Staat agiert wie ein Mördernetzwerk, um das von kurdischen Frauen erreichte Niveau des Kampfes zu schwächen. Er geht davon aus, dass er durch Massaker an Frauen und Kurden diese vom Freiheitskampf und Widerstand abbringen kann. Die Widerstandspraxis der Kurdinnen der vergangenen fünf Jahrzehnte zeigt jedoch, dass dies ein großer Irrtum ist. Jedes Massaker und jeder Angriff hat den Willen der kurdischen Frauen gestärkt und ihre Entschlossenheit bekräftigt, ihren Platz in den Reihen des revolutionären Kampfes beizubehalten.“
Firyal Silêman Xalid wurde am Donnerstag in der kurdischen Metropole Kerkûk (Kirkuk) im Nordirak mitten auf der Straße erschossen. Sie war im nördlich der Stadt gelegenen Bezirk Serçnar unterwegs, als sie von einem Mann mit einer Pistole mit Schalldämpfer aus nächster Nähe niedergestreckt wurde. Der Schütze und ein Komplize tauchten auf einem Mofa auf, mit dem sie unerkannt entkommen konnten. Die Kerkûker Polizei hat Ermittlungen aufgenommen und eine Fahndung nach den Tatverdächtigen eingeleitet.
Das Attentat auf Firyal Silêman Xalid, das vor einer Schule im Viertel Rehîmawe verübt wurde, richtete sich offenbar gezielt gegen die Kurdin. Einer der Angreifer soll laut Zeug:innen kurz vor den Schüssen gesagt haben, dass sie gekommen wären, um die Aktivistin auszuschalten. Eine erste Autopsie ergab, dass Xalid von neun Kugeln getroffen wurde. Die meisten davon seien tödlich gewesen, sagte ein Polizeisprecher.
Für Austausch über Frauenfragen nach Kerkûk gereist
Firyal Silêman Xalid lebte in Hesekê in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien, wo sie auch geboren wurde, und hatte sich vor 31 Jahren der kurdischen Bewegung angeschlossen. In Kerkûk hielt sie sich auf Einladung von Frauenorganisationen aus Südkurdistan auf. Bei der Reise ging es um einen Austausch über Frauenfragen und Gendergerechtigkeit.
Hinweis: Der Name von Firyal Silêman Xalid war von den Kerkûker Polizeibehörden zunächst als „Halid“ angegeben worden. Dieser Fehler wurde inzwischen korrigiert.