Ermittlungsverfahren gegen Semra Güzel eingeleitet

Gegen die HDP-Politikerin Semra Güzel, deren Immunität kürzlich aufgehoben wurde, ist offiziell ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Zur Erhebung der Klage wegen Landesverrat und Terrorismus wurde der Chefankläger von Ankara berufen.

Wenige Tage nach der Aufhebung ihrer parlamentarischen Immunität ist das Ermittlungsverfahren gegen die HDP-Politikerin Semra Güzel nun offiziell eingeleitet worden. Zur Erhebung der öffentlichen Klage hat das türkische Justizministerium die Oberstaatsanwaltschaft von Ankara berufen. Ob diese die Zivilklage am Ende einreichen wird, hängt von der Beweiswürdigung ab, gilt aber als wahrscheinlich. Güzel wird im nächsten Schritt eine Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft über sich ergehen lassen müssen. Eine entsprechende Vorladung liegt noch nicht vor.

Die kurdische Politikerin Semra Güzel saß seit der vorgezogenen Parlamentswahl im Juni 2018 für die HDP in der türkischen Nationalversammlung. Am vergangenen Dienstag ist der studierten Ärztin die politische Immunität entzogen worden. Bei der Abstimmung stimmten 313 Abgeordnete der anderen Fraktionen für die Aufhebung der Immunität, 52 Abgeordnete stimmten dagegen. Die Fraktion Güzels verließ nach dem Beschluss unter lautem Protest den Sitzungssaal.

Semra Güzel droht eine langjährige Haftstrafe. Die Vorarbeit hierzu leistete eine medial aufwendige und staatlich gelenkte Diffamierungskampagne gegen die 38-Jährige, deren Ausgangspunkt Fotos sind, die Güzel mit dem Guerillakämpfer Volkan Bora (Nom de Guerre: Koçero Meletî) zeigen. Die Aufnahmen waren 2014 in einem südkurdischen Guerillacamp entstanden, als eine Delegation der HDP im Rahmen des Friedensprozesses mit staatlichem Wissen die PKK besuchte, um weitere Schritte zur Deeskalation zu besprechen.

Bei dem Guerillakämpfer Volkan Bora, der im April 2017 bei türkischen Luftangriffen in der nordkurdischen Provinz Semûr (tr. Adıyaman) ums Leben kam, handelte es sich um Güzels ehemaligen Verlobten. Aus den Bildern mit ihm konstruieren die türkischen Verfolgungsbehörden Vorwürfe wie „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und „Terrorismusfinanzierung“ gegen die Politikerin. Angeblich habe Güzel auch nach Wiederaufnahme der Kämpfe mehrfach PKK-Camps in Südkurdistan besucht. Die HDP erklärte, dass es sich bei der Diffamierungskampagne um ein Propaganda-Manöver im Zuge des Verbotsverfahrens gegen die Partei handele.