Immunität von Semra Güzel aufgehoben

Die türkische Nationalversammlung hat die parlamentarische Immunität der HDP-Abgeordneten Semra Güzel aufgehoben. Die HDP-Fraktion verließ nach der Abstimmung unter lautem Protest den Sitzungssaal.

Die türkische Nationalversammlung hat die parlamentarische Immunität von Semra Güzel aufgehoben. Bei der vorangegangenen Debatte im Parlament hat der HDP-Vizefraktionsvorsitzende Saruhan Oluç eine dreistündige Verteidigung für die 38-jährige Abgeordnete vorgelegt. In der anschließenden Abstimmung stimmten 313 Abgeordnete der anderen Fraktionen für die Aufhebung der Immunität, 52 Abgeordnete stimmten dagegen. Die Fraktion der Demokratischen Partei der Völker (HDP) verließ nach dem Beschluss unter lautem Protest den Sitzungssaal.

Über Twitter erklärte die HDP: „Diese rechtswidrige Entscheidung ändert nichts an der Tatsache, dass sie eine gewählte Vertreterin des Volkes ist. Wir werden niemals vor denen kapitulieren, die versuchen, den Willen des Volkes an sich zu reißen.“

Drohende Haftstrafe

Die Akte von Semra Güzel geht jetzt an das Justizministerium und wird von dort aus an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Der kurdischen Politikerin droht eine langjährige Haftstrafe wegen Landesverrat und Terrorismus. Die Vorarbeit hierzu leistete eine medial aufwendige und staatlich gelenkte Diffamierungskampagne gegen die kurdische Politikerin und Ärztin. Ausgangspunkt sind Fotos, die Güzel mit dem Guerillakämpfer Volkan Bora (Nom de Guerre: Koçero Meletî) zeigen. Die Aufnahmen waren 2014 in einem südkurdischen Guerillacamp entstanden, als eine Delegation der HDP im Rahmen des Friedensprozesses mit staatlichem Wissen die PKK besuchte, um weitere Schritte zur Deeskalation zu besprechen.

Bei dem Guerillakämpfer Volkan Bora, der im April 2017 bei türkischen Luftangriffen in der nordkurdischen Provinz Semûr (tr. Adıyaman) ums Leben kam, handelte es sich im Güzels ehemaligen Verlobten. Aus den Bildern mit ihm konstruiert die Staatsanwaltschaft Vorwürfe wie „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und „Terrorismusfinanzierung“ gegen die Politikerin. Angeblich habe Güzel auch nach Wiederaufnahme der Kämpfe mehrfach PKK-Camps in Südkurdistan besucht. Die HDP erklärte, dass es sich bei der Diffamierungskampagne um ein Propaganda-Manöver im Zuge des Verbotsverfahrens gegen die Partei handele.