Brüssel: Protestaktion für Umsetzung der Istanbul-Konvention

Frauenorganisationen der türkischen und kurdischen Diaspora haben in Brüssel gegen den von der türkischen Regierung angekündigten Rückzug aus der Istanbul-Konvention zum Schutz vor Gewalt gegen Frauen protestiert.

Gegen die frauenfeindliche Politik des AKP/MHP-Regimes in der Türkei regt sich vielerorts Protest. Die Regierung propagiert den Rückzug der Türkei aus der Istanbul-Konvention zum Schutz vor Gewalt gegen Frauen und diffamiert die Konvention als „familienfeindlich“. Dieser frontale Angriff auf Frauenrechte führt zu breiten Frauenprotesten, vor allem in der Türkei und Nordkurdistan. Am Freitag versammelten sich Frauen unter dem Motto „Istanbul-Konvention umsetzen, nicht aufheben“ in der belgischen Hauptstadt Brüssel.

Aufgerufen zu der Protestaktion hatten die Kurdische Frauenbewegung in Belgien (YJK-B) und der Sozialistische Frauenverband (SKB). Die Frauen riefen Parolen wie „Unser Körper gehört nur uns“, „Die Straßen und die Plätze gehören uns“ und „Jin, Jiyan, Azadî“.

Hintergrund: Die Istanbul-Konvention

In der gesamten Türkei protestieren Frauen seit Wochen gegen das Vorhaben der AKP/MHP-Regierung, die Ratifizierung der Konvention rückgängig zu machen. Das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt wurde 2011 vom Europarat als völkerrechtlicher Vertrag ausgefertigt und trat im Jahr 2014 in Kraft. Er gilt als Meilenstein im Kampf gegen patriarchale Gewalt und verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen sowie die Präventions- und Hilfsangebote zu verbessern.

Die Türkei unterzeichnete als erstes Land die Konvention und ratifizierte den Vertrag 2012 im Parlament, doch in der Praxis werden die Rechtsnormen nicht angewandt. Weder werden die vorgesehenen Hilfsangebote und Schutzmaßnahmen für Frauen realisiert, noch wird beispielsweise das Gesetz Nr. 6284, das nach Angaben der AKP-Regierung als „Schutzmantel für Frauen“ wirken soll, effizient durchgesetzt. Und das, obwohl in dem Land am Bosporus Frauenhass und Gewaltexzesse an Frauen keine Seltenheit sind, sondern das patriarchale Fundament der Gesellschaft darstellen. Allein im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Plattform „Wir werden Frauenmorde stoppen” 474 Femizide registriert, dennoch diskutiert die Regierung von Staatspräsident Erdoğan über einen Austritt aus der Istanbuler Konvention – weil sie traditionelle Werte untergrabe und Männer zu „Sündenböcken“ mache.