Auf eigenen Wunsch: Güven in anderes Gefängnis verlegt

Die kurdische Politikerin und frühere Parlamentsabgeordnete Leyla Güven ist auf eigenen Wunsch hin in das Frauengefängnis Sincan verlegt worden.

Die kurdische Politikerin und frühere Parlamentsabgeordnete Leyla Güven ist auf eigenen Wunsch hin in das Frauengefängnis Sincan nahe der türkischen Hauptstadt Ankara verlegt worden. Bisher war die 59-Jährige in einer Vollzugsanstalt in der nordkurdischen Provinz Xarpêt (tr. Elazığ) inhaftiert. Wie ihr Rechtsbeistand mitteilte, erfolgte die Verlegung bereits Anfang der Woche.

Das Frauengefängnis Sincan liegt näher am Wohnort der Kinder von Güven. Die Verlegung dorthin wird ihren Angehörigen Besuche erleichtern. Zudem sind in der Haftanstalt zahlreiche Weggefährtinnen und Freundinnen Güvens inhaftiert, darunter die TJA-Sprecherin Ayşe Gökkan, die Journalistin Dicle Müftüoğlu und die Politikerin Sebahat Tuncel.

Wer ist Leyla Güven?

Leyla Güven befindet sich seit dem 21. Dezember 2020 hinter Gittern. An jenem Tag wurde die Mutter von zwei Kindern in Amed (tr. Diyarbakir) wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in einer „Terrororganisation“ aufgrund ihrer Funktion als Ko-Vorsitzende der legalen Graswurzelbewegung „Demokratischer Gesellschaftskongress“ (KCD) zu einer Freiheitsstrafe von 22 Jahren und drei Monaten verurteilt. In der Person Leyla Güvens stilisierte das Gericht in seinem Urteil die matriarchale Frühgeschichte der Völker Mesopotamiens zum Feindbild für die Sicherheit des türkischen Staates. Wenige Monate zuvor war Güven das Abgeordnetenmandat entzogen worden. Im Juni 2021 wurde die Haftstrafe bestätigt.

Zu fast 40 Jahren Gefängnis verurteilt

Im Herbst 2022 wurde Güven erneut zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, ebenfalls in Amed, diesmal jedoch wegen „Propaganda für eine Terrororganisation“. Elf Jahre und sieben Monate Haft erhielt sie für ihre Äußerungen in drei verschiedenen Reden, die sie als Abgeordnete der HDP getätigt hatte. Rund ein Jahr zuvor hatte bereits ein Gericht in Colemêrg (Hakkari) wegen desselben Vorwurfs eine fünfjährige Haftstrafe gegen Güven verhängt. Zum ersten Mal im Gefängnis ist sie jedoch nicht.

Erste Verhaftung wegen KCK-Operationen

Leyla Güven wurde 2009 im Rahmen der international kritisierten „KCK-Operationen” erstmals verhaftet, frei kam sie erst nach fünf Jahren. Zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung war sie Bürgermeisterin der kurdischen Stadt Wêranşar (Viranşehir). Im Januar 2018 wurde Güven erneut in Untersuchungshaft genommen, diesmal wegen ihrer Kritik am türkischen Angriffskrieg gegen Efrîn in Nordsyrien. Damals erlangte sie auch internationale Bekanntheit, als sie im darauffolgenden November aus ihrer Haft heraus eine 200-tägige Hungerstreikbewegung für die Aufhebung der Isolationshaftbedingungen für den seit 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierten PKK-Gründer Abdullah Öcalan initiierte. Im Juni 2020 wurde Leyla Güven erneut verhaftet, nur wenige Stunden nachdem das Parlament in Ankara ihnen ihr Mandat und damit auch ihre Immunität entzogen hatte. Als Begründung wurde das inzwischen rechtskräftige Urteil im KCK-Verfahren herangezogen. Weitere Prozesse gegen Güven sind anhängig.