Weitere Haftstrafen im KCK-Hauptverfahren bestätigt

Der türkische Berufungsgerichtshof hat im Hauptverfahren gegen den angeblichen „Türkei-Rat der KCK“ die langjährigen Haftstrafen gegen 118 kurdische Politiker*innen bestätigt. Betroffen sind unter anderem die HDP-Abgeordneten Leyla Güven und Pero Dündar.

Nach den Kommunalwahlen im April 2009 stellte die Partei für eine Demokratische Gesellschaft (DTP) und nach deren Verbot im Dezember 2009 die Partei für Frieden und Demokratie (BDP) in den kurdischen Provinzen der Türkei in 99 Kommunen (zuvor lediglich in 58) die Stadtverwaltungen. Die DTP erreichte bei den Wahlen zwischen mehr als 65 Prozent der Stimmen in Amed (Diyarbakir) bis hin zu mehr als 90 Prozent in Colemêrg (Hakkari). Unmittelbar danach begann eine riesige Repressionswelle gegen kurdische Politiker, Menschenrechtler, Journalisten und Intellektuelle, denen die Mitgliedschaft in der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) vorgeworfen wurde. Knapp 10.000 Menschen wurden festgenommen, rund 2.000 inhaftiert. Im acht Jahre andauernden Hauptverfahren gegen 154 Personen wurden 99 Angeklagte im März 2017 zu insgesamt 1109 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Vor einer Woche hatte das türkische Berufungsgericht die Haftstrafe gegen zwei der Angeklagten bestätigt. Ramazan Morkoç soll wegen „Leitung einer Terrororganisation“ für 21 Jahre und Tamer Tanrıkolu mit dem gleichen Vorwurf für 18 Jahre eingesperrt werden. Heute verkündete das Berufungsgericht seine Entscheidung in 118 weiteren Fällen.

HDP-Abgeordnete ebenfalls verurteilt

Demnach sollen die HDP-Abgeordneten Pero Dündar und Musa Farisoğulları wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation” für jeweils neun Jahre ins Gefängnis. Deren Fraktionskollegin Leyla Güven, die zugleich Ko-Vorsitzende des zivilgesellschaftlichen Zusammenschlusses DTK ist, soll wegen selbiger Vorwürfe für sechs Jahre und drei Monate in Haft.   

Wegen „Leitung einer Terrororganisation“ sollen Kamuran Yüksek, Hüseyin Yılmaz, Salih Akdoğan, Senanik Öner und Bayram Altun für 21 Jahre, Seda Akbaş Can für 18 Jahre ins Gefängnis. Weitere neunjährige Freiheitsstrafen bestätigte das Gericht im Fall von Hasan Hüseyin Ebem, Abbas Çelik, Zülküf Karatekin, Nadir Bingöl, Ahmet Erdem, Cibrahil Kurt, Yurdusev Özsökmenler, Mehmet Hatip Dicle, Nihayet Taşdemir, Pınar Işık, Elif Kaya, Yüksel Baran, Pelgüzar Kaygısız, Sara Aktaş, Zahide Besi, Adil Erkek, Mahmut Okkan und Burhan Karakoç. Gleichermaßen wie Leyla Güven für jeweils sechs Jahre und drei Monate sollen Demir Çelik, Mehmet Tari, Hasan Fırat Üner, Hasan İraz, Celal Yoldaş, Fırat Anlı, Selim Sadak, Hüseyin Kalkan, Songül Erol Abdil, Ethem Şahin, Emrullah Cin, Fikret Kaya, Aydın Budak, Gülcan Şimşek, Nuran Atlı Söyler, Abdullah Akengin, Şeyhmus Bayhan, Ahmet Zirek, Engin Kotay, Kerem Duruk, Esma Güler, Özlem Yasak, Rojda Balkaş Akyüz, Ramazan Ödemiş, Ramazan Debe, Muharrem Erbey, Tuncay Ok, Ahmet İlan und Mustafa Doğru in Haft. Außerdem bestätigte das Gericht die Haftstrafen von sechs Jahren und neun Monaten gegen Mustafa Ocaklık, Abdurrahim Tanrıverdi, Osman Ocaklık und Nazim Çağlak.

Die Politiker*innen Zübeyde Zümrüt, Serdar Ziriğ, Murat Tuğrul, Mehmet Güzel und Mehmet Aksünger waren zu Haftstrafen zwischen vier Jahren und acht Monaten und fünf Jahren und sieben Monaten verurteilt worden. Diese wurden nun ebenfalls bestätigt. Der abgesetzte Oberbürgermeister von Mêrdîn, Ahmet Türk, soll für 15 Monate in Haft.

Freisprüche bestätigt

Die erstinstanzlichen Freisprüche für Ebru Günay, Kutbettin Kurt, Hüseyin Bayrak, Haci Erdemir, İhsan Uğur, Selahattin Elçi, Bahri Çeken, Yaşar Çelik, Hasat İnatçi, Rahmi Özmen, Siracettin Irmak, Servet Özen, Kazım Kurt, Galip Kandemir, Yaşar Sarı, Arslan Özdemir, Roza Erdede, Zeynep Boğa, Hacire Özdemir, Bedriye Aydın, Takibe Turgay, Nizamettin Onar, Beyhan Sakin, Veysel Yıldırım, Hanifi Yönten, Adnan Bayram, İhsan Sevitek, Seyithan Şen, Mehmet Deviren, Mehmet Nesih Çağlar, Seyithan Haran, Mahmut Polat, Hüsamettin Çiçek, Mehmet Nesip Gültekin, Aygül Arat, Resul Erkaplan, Abdulserdest Tan, Abdullah Aflatun, Abdurrahim Dağ, Abdulhalık Katar, Abdulgaffur Şen, Ekrem Elbat, Gülistan Dehşet, Semih Sencer, Ali Genç, Necla Kormaz, Ahmet Cengiz, Atilla Koca, und Mesut Aydın bestätigte das Gericht.

Die Urteile wegen „Leitung einer Terrororganisation“ gegen Ahmet Birsin, Mehmet Taş, Çimen Işık, Zöhre Bozacı, Turan Genç, Herdem Kızılkaya, Mehmet Akın, Mehmet Nimet Sevim, Lütfi Dağ, Kemal Aktaş, Necdet Atalay, Mazlum Tekdağ, Mikail Karakuş, Olcay Kanlıbaş, Ali Şimşek, Ümit Aydın, Ahmet Makas, Şinasi Tur, Abdullah Demirbaş, Tuncay Korkmaz, Ercan Sezgin und gegen den HDP-Abgeordneten Tayip Temel wurden unterdessen aufgehoben. Gleichermaßen hob das Berufungsgericht die Urteile wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation” gegen Veysi Akar, Türki Gültekin, Ahmet Ertak, Mesut Çetin, Ferhan Türk und Önal İsmail Öner auf.

Die zuvor Freigesprochenen Heval Erdemli, Zeynel Mat, Sabahattin Dinç, Abdullah Bozkoyun, Mehmet Salih Yıldız, Alaattin Aktaş, Fethi Suvari und Ali Oruç sollen erneut auf die Anklagebank. Die Verfahren gegen Nadir Yıldırım, Alican Önlü, Dirayet Taşdemir, Besime Konca, Selma Irmak, Ahmet Yıldırım, Osman Baydemir und Çağlar Demirel, die zum Zeitpunkt der Anklage unter dem Schutz der politischen Immunität standen, werden vor dem 2. Schwurgerichtshof Diyarbakir fortgesetzt.