Türkei: Hohe Haftstrafen im KCK-Hauptverfahren bestätigt

Der türkische Berufungsgerichtshof hat im Hauptverfahren gegen den angeblichen „Türkei-Rat der KCK“ die langjährigen Haftstrafen gegen die kurdischen Politiker Ramazan Morkoç und Tamer Tanrıkolu bestätigt.

Nach den Kommunalwahlen im Jahr 2009 begann in der Türkei eine riesige Verhaftungswelle gegen kurdische Politiker, Menschenrechtler, Journalisten und Intellektuelle, denen die Mitgliedschaft in der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) vorgeworfen wurde. Im acht Jahre andauernden Hauptverfahren gegen 154 Personen wurden 99 Angeklagte im März 2017 zu insgesamt 1109 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Das türkische Berufungsgericht hat heute die Haftstrafe gegen zwei der Angeklagten bestätigt. Ramazan Morkoç soll wegen „Leitung einer Terrororganisation“ für 21 Jahre und Tamer Tanrıkolu mit dem gleichen Vorwurf für 18 Jahre eingesperrt werden.

Heute und morgen werden weitere Entscheidungen des Berufungsgerichts über die erstinstanzlichen Urteile gegenüber den restlichen 152 Angeklagten erwartet. Darunter sind die HDP-Abgeordneten Leyla Güven, Tayip Temel, Pero Dündar und Musa Farisoğulları, die in erster Instanz zu Freiheitsstrafen zwischen sechs und 18 Jahren verurteilt worden sind.

Türkei vor europäischem Menschenrechtsgerichtshof verurteilt

Im Rahmen des sogenannten KCK-Hauptverfahrens befanden sich insgesamt 83 kurdische Politikerinnen und Politiker über 18 Monate in Untersuchungshaft, bevor sie das erste Mal vor Gericht gestellt wurden. In dieser Zeit konnten die Anwälte 15 Monate lang aufgrund eines Geheimhaltungsbeschlusses zu den Ermittlungsakten keinen Widerspruch gegen die Haft einlegen.

Dagegen hatten die Anwälte vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geklagt. Ihrer Klage wurde im vergangenen Juni stattgegeben. Das Straßburger Gericht verurteilte die Türkei auf Grundlage des Artikels fünf der Europäischen Menschenrechtskonvention, der das Recht auf Freiheit und Sicherheit regelt. In Absatz vier dieses Artikels heißt es: „Jede Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, hat das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet und ihre Entlassung anordnet, wenn die Freiheitsentziehung nicht rechtmäßig ist.“

Der EGMR sah es als erwiesen an, dass die Türkei gegen diesen Absatz des Artikels im Falle des KCK-Verfahrens verstoßen hat, und verurteilte Ankara deshalb zur Zahlung von Entschädigungen in Höhe von jeweils 2.750 Euro für die Betroffenen.