Veranstaltung in Jena: Erdogans „neue Türkei“
Aktivist:innen der Initiative „Defend Kurdistan“ haben auf der Veranstaltung „Erdogans ,neue Türkei' und der Krieg gegen die Kurd:innen“ in Jena von ihrer Delegationsreise nach Südkurdistan berichtet.
Aktivist:innen der Initiative „Defend Kurdistan“ haben auf der Veranstaltung „Erdogans ,neue Türkei' und der Krieg gegen die Kurd:innen“ in Jena von ihrer Delegationsreise nach Südkurdistan berichtet.
Nach einer kraftvollen Demonstration am Wochenende in Dresden hat am Montag die Veranstaltung „Erdogans ,neue Türkei' und der Krieg gegen die Kurd:innen“ in Jena stattgefunden. Mehr als 50 Teilnehmende hatten sich an der Mahnwache der Seebrücke Jena zusammen gefunden.
Die Mahnwache besteht seit Anfang März mitten in der Innenstadt Jenas und ist rund um die Uhr besetzt. Damit soll auf die Situation an den EU-Außengrenzen, die Geflüchtetenlager und das Sterben auf den Fluchtrouten aufmerksam gemacht werden. Zudem bringt sich die Seebrücke Jena auch punktuell, wo es sinnvoll erscheint, in die Stadtpolitik ein. „Durch die Angriffe des türkischen Staates auf Kurdistan werden Fluchtursachen produziert und Menschen zur Flucht gezwungen. Für uns war es deswegen ein passender Ort für diese Veranstaltung, da diese Themen miteinander zusammen hängen“, erklärte eine Organisatorin.
Eingeläutet wurde die Veranstaltung mit den Worten: „Um solidarisch sein zu können, müssen wir erst einmal ein Verständnis für die Situation entwickeln.“ Dieser Schritt wurde gestern in Jena gegangen. Der Vortrag begann mit einem Abriss der Geschichte Kurdistans nach dem 1. Weltkrieg und einer politischen Analyse der aktuellen Situation in Kurdistan. Anschließend schilderten zwei Teilnehmer:innen der internationalen Friedensdelegation ihre Eindrücke aus Südkurdistan. Besonderes Augenmerk legten sie auf die ökologische Kriegsführung und die Rolle der Jugend. Auf den in Kurdistan entstandenen flammenden Appell der Jugend reagierten die Teilnehmer:innen in Jena mit spontanem Applaus. Auch die Repression und die Rolle Deutschlands wurden in diesem Zusammenhang deutlich.
In der darauf folgenden Diskussion ging es um die Bedeutung der Angriffe auf die Berge in Südkurdistan für die Revolution in Nord- und Ostsyrien und die solidarische Organisierung hier vor Ort. Es wurde deutlich, dass es sowohl notwendig ist die Revolution in Kurdistan zu verteidigen, als auch in Deutschland eine eigene zu entwickeln und zu verwirklichen.
Veranstaltungsreihe durch Deutschland und Österreich
Im Rahmen der Reihe „Erdogans ,neue Türkei' und der Krieg gegen die Kurd:innen“ haben bereits mehrere Veranstaltungen in verschiedenen Städten stattgefunden. Am Mittwoch geht es um 19 Uhr auf der Bühne am Schlösschen im Französischen Garten in Celle weiter. Diesen Freitag wird im Ernst-Kirchweger-Haus in Wien eine Aktivistin der Internationalen Initiative „Defend Kurdistan“ über ihre Erfahrungen als Teil der Friedensdelegation nach Südkurdistan berichten. Auf der Diskussionsveranstaltung wird es um die türkische Besatzung in Kurdistan und die geopolitischen Hintergründe gehen. Neben dieser politischen Einordnung ist auch die Rolle Österreichs in dem Konflikt Thema. Die Veranstaltung beginnt um 18.30 Uhr im Vitid-Saal.
Weitere Veranstaltungen sind für den 27. Juli in Saarbrücken und den 5. August in Aschaffenburg angekündigt.
Zum Hintergrund der Veranstaltungsreihe
Angesichts einer angeschlagenen Wirtschaft und einbrechender Zustimmungswerte setzt der türkische Präsident Erdogan einmal mehr auf Krieg. Seit knapp sechs Jahren wütet in Nordkurdistan ein regelrechter türkischer Staatsterrorismus gegen die kurdische Gesellschaft und ihre politischen Institutionen, vor allem gegen die Demokratische Partei der Völker (HDP). Erdogan hat sich die Unterwerfung nicht nur der kurdischen, sondern aller demokratischen oppositionellen Kräfte innerhalb der Türkei auf die Fahnen geschrieben. Die türkische Expansions- und Besatzungspolitik hat jedoch längst die türkischen Grenzen überschritten und wütet auch in Südkurdistan (Nordirak) und Rojava (Nordsyrien).
Nach mehreren völkerrechtswidrigen Besatzungsoperationen in Rojava, sei es die Annektierung des nordsyrischen Kantons Efrîn 2018 oder die Besetzung von Girê Spî (Tall Abyad) und Serêkanîyê (Ras al-Ain) im Oktober 2019, hat die Türkei seit Anfang des Jahres nun auch ihre aggressive Kriegsstrategie auf Südkurdistan intensiviert. Auch dieser aktuelle Völkerrechtsbruch der Türkei in Südkurdistan erregt praktisch keine Aufmerksamkeit.
Daher reiste im Juni die internationale „Delegation für Frieden und Freiheit in Kurdistan“ nach Südkurdistan. Ihr Ziel war es die Auswirkungen dieses Krieges zu dokumentieren und international zu thematisieren, den betroffenen Menschen, deren Dörfer zerstört worden sind, durch Beistand Solidarität zu leisten sowie in Gesprächen mit politischen Kräften zivilgesellschaftliche Friedensinitiative zu stärken, um Wege zum Frieden zu ermöglichen.
Auf den Diskussionsveranstaltungen sprechen Delegierte über die türkische Besatzung in Kurdistan und die geopolitischen Hintergründe. Wie ist die aktuelle Situation vor Ort? Warum sind Errungenschaften der Kurd:innen immer wieder Angriffen ausgesetzt? Was für eine Strategie verfolgt der türkische Staat in Kurdistan? Neben dieser politischen Einordnung wird die Rolle Deutschlands in diesem Konflikt ebenfalls beleuchtet.