Bei der Demonstration am vergangenen Samstag in Berlin gegen den Angriffskrieg der Türkei in Südkurdistan, bei dem diese eng mit der PDK zusammenarbeitet, war das Verhalten der Berliner Polizei auffällig. Trotz Einhaltung der durch die Versammlungsbehörde gemachten Auflagen bedrängte die Polizei die Demonstration und versuchte gezielt, die Teilnehmer:innen zu provozieren.
Bei der Demonstration, die wenige Tage nach dem beim Innenministerium gestellten Antrag auf Aufhebung des PKK-Verbots in Deutschland stattfand, fiel auf, dass die Polizei alles daran setzte, um Gewalt eskalieren zu lassen. Unter dem Vorwand, es seien Parolen wie „Bijî Serok Apo“ (Lang lebe der Vorsitzende Apo) und „Bijî PKK“ (Lang lebe die PKK) gerufen worden, provozierte die Polizei die Demonstrant:innen immer wieder. Unter den Polizisten waren viele türkischer Herkunft, einige von ihnen beleidigten und bedrohten gezielt Demonstrant:innen auf Türkisch.
Erdoğan-Anhänger werden eingesetzt
Es ist es nicht das erste Mal, dass die Berliner Behörde bewusst faschistische türkischstämmige Polizisten, die Anhänger der AKP-MHP/Regierung sind, bei einer Demonstration von Kurd:innen eingesetzt hat. Diese Situation war in den letzten Jahren mehrfach Thema in deutschen Medien, und Sicherheitsexperten forderten die Berliner Polizei auf, von dieser Praxis Abstand zu nehmen. Die Ereignisse am Samstag in Berlin zeigen, dass die Polizei, entgegen der dieser Warnungen, noch mehr Polizisten türkischer Herkunft eingesetzt hat.
In der Ausgabe des Magazins Der Spiegel vom November 2017 erklärte ein Ausbilder der Berliner Polizeiakademie, dass radikale Anhänger Erdoğans unter den Polizisten bei kurdischen Demonstrationen eingesetzt werden und er nicht sagen kann, ob das gut gehen wird. Ähnliche Aussagen machte ein anderer Ausbilder gegenüber der Berliner Morgenpost. Viele der türkischstämmigen Polizeianwärter seien Erdoğan-Anhänger, sagte der Ausbilder, der namentlich nicht genannt werden wollte: „Auch wenn ich das kritisiere, die zuständigen Behörden verweisen dann auf die Meinungsfreiheit."
Sie posen mit ihren Polizeiuniformen in den sozialen Medien!
Diese Polizisten, die in verschiedenen Dienststellen der Berliner Polizei arbeiten, verbergen nicht, dass sie Anhänger der AKP oder MHP sind, sie teilen ihre Fotos mit türkischer Flagge oder faschistischen Symbolen offen in den sozialen Netzwerken. Im Jahr 2017 erregte der Fall eines Polizisten die Öffentlichkeit, der sein in Uniform aufgenommenes Foto mit dem Grußzeichen der grauen Wölfe in den sozialen Medien teilte.
Weit über Deutschland hinaus teilten organisierte türkische Faschisten das besagte Foto mit dem Überschrift: „Wir sind drinnen, kein Problem“. Zu dem Posting, in dem auch Drohungen und Beleidigungen gegen westliche Länder ausgesprochen wurden, gab die Berliner Polizei lediglich bekannt, dass das Foto echt sei, und begnügte sich damit, ein internes Ermittlungsverfahren gegen den Beamten einzuleiten. Nach Abschluss der Ermittlungen wurde der Polizist wahrscheinlich an einen anderen Ort versetzt und ist noch immer im Dienst.
Ein Faschist mit dem Namen Tolga soll eine Synagoge schützen
2019 teilte ein Faschist namens Zafer Gülgen ein Foto mit dem Satz „Für uns ist überall TR“ auf seinem Social-Media-Account. Dabei trug er die Uniform und Ausrüstung der Berliner Landespolizeidirektion und benutzte nationalistische Symbole. Die Berliner Polizei teilte mit, dass der Betroffene nach diesem Skandal derzeit nicht bei der Polizei tätig sei: „Es wird ermittelt, wie er an die Ausrüstung der Polizei gekommen ist.“
Im März dieses Jahres teilte ein türkischer Faschist unter dem falschen Namen „Tolga“ Rap-Musikclips im Internet, die er in Polizeikleidung vor türkischer Flagge gedreht hatte. Durch Recherche deutscher Medien wurde bekannt, dass die Person, die in dem Clip auftrat, in dem rassistische Drohungen wie „Die Ungläubigen werden von den Türken enthauptet werden, wir sind bereit, auf dem Weg Allahs zu sterben“ ausgesprochen wurden, tatsächlich Beamter bei der Berliner Polizeidirektion ist.
Im Gespräch mit der Zeitung „Die Welt“ sagte ein Polizist aus, dass dieser türkischstämmige Polizist eine Einheit leitet, die sensible Orte und Plätze bewacht. Es stellte sich heraus, dass der rassistische Polizist, der Bilder des Krieges der türkischen Armee gegen das kurdische Volk sowie Fotos, die ihn salutierend vor einer türkischen Flagge zeigen, geteilt hat, zuständig war für die Bewachung von Kurd:innen und mit dem Schutz ausländischer Botschaften und der Synagoge in Berlin.
Hochrangiger Polizist als MIT-Agent enttarnt
Doch die Skandale bei der Berliner Polizei beschränken sich nicht darauf. 2018 wurde bekannt, dass ein Beamter der Berliner Polizeidirektion für den türkischen Geheimdienst MIT arbeitete. Der hochrangige Polizist wurde auf frischer Tat ertappt, als er einem Beamten der türkischen Botschaft seine gesammelten Informationen über in Berlin lebende Oppositionelle und Kurd:innen übermittelte.
Während die von der Berliner Staatsanwaltschaft eingeleiteten Ermittlungen geheim gehalten wurden, stellte sich heraus, dass die von dem Spion informierte Person ebenfalls ein als Diplomat getarnter Agent des MIT war. In einer kurzen Erklärung nach Bekanntwerden des Skandals sagte der Berliner Innenminister Andreas Geisel, dass ihnm die Vorwürfe gegen den Polizisten bekannt seien.
Von Verfassungsschutz bis BAMF – gezielte Infiltrierung von Behörden
Es ist nicht neu, dass das Erdoğan-Regime versucht, Informationen über Kurd:innen und türkische Oppositionelle in Deutschland zu sammeln, indem der MIT, der über die religiöse Institution DITIB, Konsulate, Tarnfirmen und türkische Banken ein Agentennetzwerk aufgebaut hat, auch gezielt deutsche Behörden infiltriert. Die türkischstämmige Hauptkommissarin Döndü Yazgan, deren Identität im August 2017 von ANF enttarnt werden konnte, war während ihrer Tätigkeit als Migrationsbeauftragte der Polizei im hessischen Wiesbaden als Spitzel des Erdoğan-Regimes aufgeflogen.
Während sich bei mehreren Türk:innen, die sich beim Verfassungsschutz beworben hatten, Verbindungen zum MIT aufgedeckt wurden, wurde bekannt, dass 20 Übersetzer:innen für die türkische Sprache, die im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) tätig waren, auch für den MIT arbeiteten. Die Ermittlungen gegen türkische Spione in Deutschland, wo mehr als 6.000 Informanten und Agenten des MIT tätig sind, kamen jedoch über symbolische Bedeutung nicht hinaus. Keine der in den letzten fünf Jahren gegen fast 20 MIT-Angehörige eingeleiteten Ermittlungen führte zu Ergebnissen.