Solidarität mit den inhaftierten OPCW-Demonstranten

Seit über einem Monat sind vier Aktivisten der kurdischen Jugendbewegung in den Niederlanden inhaftiert. Die antifaschistische Bewegung „Radical Solidarity“ ruft zur Solidarität auf, am Freitag findet eine Demonstration in Den Haag statt.

Die antifaschistische Bewegung „Radical Solidarity“ in den Niederlanden mobilisiert zu einer Demonstration zur Unterstützung der vier Jugendaktivisten, die am 3. Dezember nach einer Protestaktion vor dem Gebäude der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) in Den Haag verhaftet worden sind. Die Demonstration findet am Freitag um 16.30 Uhr ab Koekamp in Den Haag statt.

In dem Aufruf heißt es: „Solidarität mit den inhaftierten OPCW-Demonstranten! Unsere kurdischen Genossen werden nach einer friedlichen Aktion bei der OPCW in Den Haag immer noch in Haft gehalten. Sie protestierten gegen den Einsatz von Chemiewaffen gegen Kurden durch den türkischen Staat. Sie waren nicht nur eklatanter Polizeigewalt ausgesetzt, sondern sind nach wie vor inhaftiert. Dies darf nicht unkommentiert bleiben. Beteiligt Euch an der Demonstration! Keiner ist allein in der Hand des Staates!“

Aktivisten plakatieren Demonstrationsaufrufe in Amsterdam

Auch in Amsterdam haben Aktivist:innen von Radical Solidarity und der kurdischen Jugendbewegung in der vergangenen Nacht mit Plakaten und Graffiti zu der Demonstration mobilisiert. Für den Zeitraum bis zum 9. Januar sind Aktionstage ausgerufen worden, um die kurdische Jugendbewegung zu unterstützen und eine Öffentlichkeit für die Situation in Kurdistan herzustellen. Radical Solidarity fordert die Freilassung aller politischen Gefangenen und die Unterstützung der Forderung der OPCW-Aktivist:innen nach einer unabhängigen Untersuchung der türkischen Chemiewaffeneinsätze in Kurdistan.

Hintergrund der OPCW-Proteste

2021 hat die Türkei mindestens 367 Mal Chemiewaffen gegen die kurdische Freiheitsbewegung und die Bevölkerung in Südkurdistan eingesetzt, vierzig Guerillakämpfer:innen sind dabei ums Leben gekommen. Die Großoffensive der türkischen Armee und ihre Kriegsverbrechen wurden weltweit durch Aktionen, Petitionen, Recherchen, Protest und Widerstand in die Öffentlichkeit getragen. Insbesondere der Einsatz von geächteten Kampfmitteln wurde in europäischen Staaten unüberhörbar thematisiert.

Seit Mitte vergangenen Jahres fordern kurdische Organisationen eine unabhängige Untersuchung der türkischen Chemiewaffeneinsätze in Kurdistan. Vor der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) in Den Haag haben zahlreiche Protestaktionen stattgefunden, um diese Forderung zu bekräftigen. In den Medien und in der Politik wurden die Vorwürfe konsequent ignoriert. Um das allgemeine Schweigen zu brechen, hat die kurdische Jugendbewegung die OPCW am 3. Dezember erneut zum Handeln aufgefordert. Für die Aktion waren zahlreiche Aktivist:innen aus verschiedenen europäischen Ländern angereist, ein Teil von ihnen drang bis in das Gebäude der Organisation vor. Die Polizei nahm 44 Personen fest, von denen 39 nach dreitägigem Gewahrsam freigelassen wurden.

Prozess am 23. Februar

Die restlichen fünf Aktivisten wurden am 20. Dezember einem Gericht vorgeführt. Die niederländische Staatsanwaltschaft wirft Sinan E., Abdullah G., Serhat E., Hakan H. und Hugo G. Beschädigung öffentlichen Eigentums, Gewalt gegen die Polizei, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und Hausfriedensbruch vor. Das Gericht ordnete Untersuchungshaft für vier Aktivisten an. Der nächste Gerichtstermin ist am 23. Februar. Serhat E. soll nach Frankreich ausgewiesen werden, weil dort sein Asylverfahren läuft.

Kampagne der kurdischen Jugendbewegung

Die kurdische Jugendbewegung sieht in der Verhaftung der Aktivisten ein konkretes Beispiel für die Anwendung von Feindstrafrecht gegen Kurdinnen und Kurden. In einer gemeinsamen Erklärung kritisieren die „Revolutionäre Jugendbewegung“ (TCŞ) und die „Bewegung der kämpferischen jungen Frauen“ (TekoJIN), dass legitimer Protest gegen den Einsatz von Chemiewaffen durch den türkischen Staat in Südkurdistan kriminalisiert und Sonderrecht gegen angebliche „Staatsfeinde“ gesprochen werde, die damit praktisch rechtlos gestellt und gesellschaftlich geächtet würden. „Es wäre allerdings fatal von der Jugend Kurdistans zu erwarten, dass sie angesichts dieser feindseligen und hasserfüllten Haltung vor Europa niederknien würde“.  Die kurdische Jugendbewegung werde weder die Chemiewaffenangriffe der Türkei im südlichen Kurdistan noch die andauernde Besatzung und Menschenrechtsverletzungen in den anderen Teilen dulden und überall an ihrem Protest festhalten.

TCŞ und TekoJIN haben eine Kampagne initiiert, die unter dem Motto „Der Kampf des kurdischen Volkes ist kein Verbrechen! – Erhebe deine Stimme!“ läuft. Die kurdische Exilbevölkerung und solidarische, antifaschistische und internationalistische Kreise werden aufgerufen, sich für die verhafteten Jugendaktivisten einzusetzen, um zu erwirken, dass sie umgehend freigelassen werden: „Wir laden alle dazu ein, dieses gerechte Anliegen zu unterstützen und gemeinsam mit uns ihre Stimme gegen dieses Unrecht zu erheben. Denn wir wissen, dass diejenigen, die sich heute nicht gegen diese Unterdrückung erheben, schon morgen ihr Opfer sein können.“