40 Gefallene durch Chemiewaffeneinsätze

40 Guerillakämpfer:innen haben im Jahr 2021 durch türkische Chemiewaffenangriffe in den Regionen Gare, Zap, Metîna und Avaşîn ihr Leben verloren. Sie fielen nach tagelangem Widerstand aufgrund des Einsatzes verbotener Waffen.

Der größte Krieg der letzten Jahre in Kurdistan begann in der Nacht zum 24. April mit der türkischen Invasion in den südkurdischen Medya-Verteidigungsgebieten in Avaşîn, Zap und Metîna. Die türkische Armee schreckte nicht davor zurück, vor den Augen der Weltöffentlichkeit alle möglichen verbotenen chemischen Waffen einzusetzen. Dennoch traf sie auf erbitterten Widerstand der Guerilla. Die Kämpfer:innen, die nach tagelanger Umzingelung und massiven Chemiewaffeneinsätzen gefallen sind, sollten ein Fanal des Widerstands hinterlassen.

Laut der vom Pressezentrum veröffentlichten Kriegsbilanzen sind im Jahr 2021 40 Guerillakämpfer:innen der Volksverteidigungskräfte HPG und der Frauenguerilla YJA Star aufgrund von Chemiewaffeneinsätzen gefallen. Sechs von ihnen fielen im Widerstand gegen die gescheiterte Invasion in Gare im Februar, die übrigen 34 im sechs Monate andauernden Krieg in den Regionen Zap, Avaşîn und Metîna.

Im Folgenden sind Berichte über das Schicksal der 34 durch chemische Waffen nach dem 23. April gefallenen Guerillakämpfer:innen zusammengestellt.

Zehn Tage Widerstand am Mamreşo

Der Şehîd-Munzur-Gipfel im Gebiet Mamreşo in Avaşîn war aufgrund seiner strategischen Grenzlage bereits in der Nacht des 23. April das erste Ziel der Invasionstruppen. Während der türkische Staat seine Operationen gegen Zap, Avaşîn und Metîna binnen weniger Woche abzuschließen geplant hatte, hielt der Widerstand in Mamreşo die türkischen Truppen bereits zehn Tage auf. Der Kommandant Serhat Giravî (Kamuran Alpsar) und die Kämpfer:innen Rûken Zagros (Seher Bingöl), Sarya Diyar (Bişeng Hezer), Canfeda Hesekê (Şehbaz Izzettin Seydo), Xebat Aso (Ubeyt Mevludi), Zafer Tolhildan (Muhammed Abdulkadir Hüseyin) und Kamuran Amed (Mustafa Şimşek) kämpften bis zum letzten Atemzug.

Jede:r von ihnen kam aus einem anderen Teil oder einer anderen Region Kurdistans. Ihre Wege jedoch kreuzten sich im Freiheitskampf in Avaşîn. Serhat Giravî und Rûken Zagros stammten aus Colemêrg (tr. Hakkari), Sarya Diyar aus Şirnex, Xebat Aso aus dem ostkurdischen Kirmanşan, Canfeda Hesekê aus dem westkurdischen Hesekê, Kamuran Amed aus Amed (Diyarbakır) und Zafer Tolhildan aus Qamişlo.

Sobald die Angriffe der türkischen Armee begannen, nahmen sieben Kämpfer:innen ihre Positionen in den Kampfstellungen ein, und es gelang ihnen zehn Tage lang, den Besatzungstruppen mit den Guerillataktiken der neuen Ära mit Angriffen und Sabotageaktionen, Attentaten und Zerstörungsaktionen schwere Schläge zu versetzen. Währenddessen bombardierte die türkische Armee ihre Stellungen vom Boden und aus der Luft aus schwer.

Die Aufnahmen, die von Guerillakämpfer:innen während des Mamreşo-Widerstands aufgenommen wurden, zeigten deutlich die schmutzige Spezialkriegspolitik der türkischen Armee. Die Soldaten trauten sich nicht einmal in die Nähe der Eingänge der Kriegstunnel und riefen von weitem: „Ergebt euch, dann wird euch nichts geschehen“. Jedes Mal, wenn die türkischen Soldaten zur Kapitulation aufriefen, antworteten die Guerillakämpfer:innen, die in den Kriegstunneln Widerstand leisteten, mit Granaten und Kugeln. Als die türkische Armee den Widerstand nicht brechen konnte, griff das türkische Militär immer wieder mit Giftgas an. Doch die sieben Kämpfer:innen unter dem Kommando von Serhat Giravî hielten die türkische Armee trotz des massiven Einsatzes von Chemiewaffen bis zum 3. Mai 2021 auf. Nach zehn Tage Widerstand fielen sie aufgrund eines schweren Chemiewaffeneinsatzes.

Sechs Gefallene im Widerstand von Zendûra

Auch an der Metîna-Front leisteten die Guerillakämpfer:innen seit der Nacht auf den 24. April erbitterten Widerstand. Eine Gruppe von HPG- und YJA-Star-Guerillakämpfer:innen, angeführt von Rêber Zana (Ilhan Tokdemir), einer der Kommandanten der revolutionären Offensive Cenga Xabûrê, kämpfte drei Tage lang vom 11. bis 13. Juni auf dem Zandûra-Gipfel gegen die türkische Armee. An diesem strategisch wichtigen Gipfel fielen sechs Guerillakämpfer:innen, mindestens fünf von ihnen aufgrund des Einsatzes von Chemiewaffen.

Fünf Guerillakämpfer:innen in Aris Faris durch Chemiewaffen gefallen

Zwischen dem 6. und 8. Mai 2021 fanden im Gebiet Aris Faris in der Region Avaşîn heftige Angriffe mit Chemiewaffen statt. Die türkische Armee erlitt dort im dreitägigen Widerstand aufgrund der vielen verschiedenen Taktiken der Kämpfer:innen schwere Verluste. Trotz der türkischen Übermacht entschieden die fünf Guerillakämpfer:innen Diyana Maria (Dîcle Omer Ahmet), Jîn Yılmaz (Bahar Nas), Rûbar Marufî (Şervan Özkan) und Sarya Çiya (Sarya Mahmut) unter dem Kommando von Amara Cûdî (Cihan Kapar), ihre Stellungen in den Tunneln und Befestigungen zu halten. Sie kämpften mit größter Selbstaufopferung bis zum letzten Moment. Schließlich fielen sie durch einen schweren Chemiewaffeneinsatz am 8. Mai.

Girê Sor: Sieben Guerillakämpfer:innen durch Giftgas gefallen

Am 7. Juli, dem Höhepunkt des Widerstands von Girê Sor, fiel der Guerillakämpfer Baz Gever (Fırat Şahin) an vorderster Front durch den Einsatz von Chemiewaffen. Da die türkische Armee den Widerstand auch weiterhin nicht brechen konnte, setzte die türkische Armee am 3. September erneut Chemiewaffen am Girê Sor ein. Dabei fielen die Guerillakämpfer:innen Botan Özgür (Celal Özcan), Zinarîn Welat (Rama Şemdîn) und Delal Qamişlo (Hîva Mamo). Die HPG erklärten zum Widerstand dieser Kämpfer:innen: „Botan, Zinarîn und Delal haben mit ihrem epischen Widerstand im Widerstandsgebiet Girê Sor ein neues Kapitel in der Geschichte der Freiheit unseres Volkes aufgeschlagen. Sie werden für die kurdische Freiheitsguerilla auf ihrem Weg zum Sieg die größte Quelle von Stärke und Moral sein und ihr immer in Erinnerung bleiben.“

Auch durch diesen Angriff ließ sich der Widerstand von Girê Sor nicht brechen. Daher griff die türkische Armee am 15. September 2021 erneut das Gebiet noch intensiver mit Chemiewaffen an. Durch das Giftgas fielen drei Guerillakämpfer:innen: Argeş Botan (Hasan Emcür), Özgür Bagok (Fatma Balica) und Serhildan Mordem (Serdar Dinç).

Zehn Guerillakämpfer:innen in Werxelê durch Chemiewaffen gefallen

Insbesondere die Widerstandsgebiete Werxelê und Girê Sor in Avaşîn gingen durch ihren langandauernden Widerstand gegen die technologische Übermacht der türkischen Armee in die Geschichte ein. Die türkische Armee agierte hilflos gegenüber den mobilen Guerillaeinheiten, den befestigten Kriegsstellungen und den Tunnelsystemen der Guerilla und griff diese Gebiete vier Monate lang pausenlos aus Flugzeugen und Hubschraubern an. Als die Luftangriffe keine Ergebnisse erzielten, ließ die türkische Armee tonnenweise TNT und verschiedene andere Sprengstoffe aus Hubschraubern ab und ließ die Ladungen an den Stellungen der Guerilla detonieren. Obwohl die türkische Armee diese Taktik wieder und wieder versuchte, gelang es ihr nicht, die Guerilla aus ihren Stellungen zu treiben. Daher griff die Armee erneut zum Einsatz von neuen hochmodernen Chemiewaffen. Laut HPG-Quellen entstanden infolge dieser Chemiewaffenangriffe massive Zerstörungen an allen Lebewesen der Region. Am 5. Oktober fielen aufgrund des Einsatzes dieser neuen Chemiewaffe an der Werxelê-Front die fünf Guerillakämpfer:innen Cumali Çorum (Zeynel Erocağı), Çavrê Kamuran (Süheyla Kırmızıtaş), Dilvîn Dalaho (Rêzan Deraferîn), Amara Cûdî (Rojîn Ramazan) und Mahir Kop (Çetin Çelik).

Am 10. Oktober bombardierte die türkische Armee erneut das Gebiet Werxelê mit chemischen Waffen. Bei diesem Angriff fielen die Guerillakämpfer:innen Hêvîdar Tirbespiyê (Ala Xidir Xelef), Yerîvan Kato (Makbule Kiliç), Binevş Çiya (Sema Sümbül), Adil Gabar (Yakup Kizilaslan) und Têkoşer Zagros (Erhan Şahin).