KCK-Komitee fordert Untersuchung von C-Waffen-Einsätzen in Guerillagebieten

Das KCK-Gesundheitskomitee ruft Organisationen wie die OPCW, Ärzte ohne Grenzen und die UN auf, den Einsatz chemischer Waffen durch die Türkei in Südkurdistan zu untersuchen. Das Gremium ist bereit, jede notwendige Unterstützung zu leisten.

Das Gesundheitskomitee der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) ruft die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), Ärzte ohne Grenzen, die Vereinten Nationen und andere zivilrechtliche sowie umweltrechtliche Einrichtungen auf, den Einsatz chemischer Waffen durch die Türkei in Südkurdistan zu untersuchen. Das Gremium ist bereit, jede notwendige Unterstützung für Inspektionen in den Guerillagebieten zu leisten.

„Vor den Augen der Weltöffentlichkeit wird ein Völkermord am kurdischen Volk begangen. Doch die gesamte Welt schaut stillschweigend zu”, kritisiert das KCK-Gesundheitskomitee in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung. Der Einsatz einer Vielzahl von verbotenen Waffen sei dabei nur ein Beispiel für die zahlreichen Völkermordverbrechen, die begangen würden. Schon in der Vergangenheit wurden immer wieder geächtete Waffen gegen die Kurd:innen eingesetzt, wie etwa 1988 in der südkurdischen Stadt Helebce (Halabdscha). Der Ort steht für eines der widerlichsten Kapitel der Diktatur Saddam Husseins im Irak. Noch immer kämpfen die Menschen mit den Spätfolgen wie Krebs, Fehlgeburten oder Unfruchtbarkeit aufgrund eines grausamen Giftgasangriffes.

Offener Einsatz von chemischen Kampfstoffen

Das türkische Regime schreckt ebenfalls nicht davor zurück, menschenverachtende C-Waffen gegen Kurdinnen und Kurden einzusetzen. Seit Jahren sind solche Angriffe, die sich oftmals gegen die Guerilla richten, bekannt, - ob in Süd- und Nordkurdistan oder in Rojava – werden in der Regel jedoch ignoriert. Geschah der Einsatz geächteter Kampfstoffe bisher im Verborgenen, hält es Ankara inzwischen nicht mehr für nötig, C-Waffen-Angriffe geheim zu halten, so das KCK-Komitee. „Bei den Besatzungsoperationen in den Regionen Heftanîn, Metîna, Zap und Avaşîn wurde der Einsatz dieser verbotenen Waffen mittlerweile dutzende Male belegt. Weil die NATO und die PDK als größte Unterstützer des türkischen Staates dies nicht mehr verheimlichen können, setzen die Besatzer ihre geächteten Kampfmittel inzwischen ganz offen ein.”

Die Produktion, Geheimhaltung, der Transport und Einsatz chemischer Waffen mag einfach sein. Doch ist es äußerst schwierig, den Einsatz zu dokumentieren und das Ausmaß der Wirkung und Folgen dieser Waffen eindeutig zu bestimmen. Dafür sind entsprechende technische Mittel und Expert:innen notwendig. Zugleich ist deutlich, welch großen Schaden der Einsatz chemischer Waffen mit sich bringt. Das Gesundheitskomitee der KCK weist darauf hin, dass ausreichend Belege existieren, mit deren Hilfe alle Interessierten entsprechende Nachforschungen anstellen könnten. Zur Wirkung der von der Türkei in Südkurdistan eingesetzten chemischen Kampfstoffe erklärt das Gremium: „Es handelt sich um tödliche Waffen, die zu Erstickung, Verbrennungen, Beeinträchtigungen des Nervensystems und Verätzung und Zerstörung von Gewebe führen. In den Gebieten, in denen diese Waffen eingesetzt werden, werden alle Lebewesen und die Natur vollständig vernichtet. Zudem setzen sich die Reste dieser Waffen in Erde, Wasser und Pflanzen fest, wodurch die Gesundheit und das Überleben der lokalen Bevölkerung auf Jahre hinweg massiv gefährdet wird.”

Diese Waffen werden in Südkurdistan auch gegen die lokale Zivilbevölkerung eingesetzt. Das KCK-Komitee spricht von „schweren gesundheitlichen Problemen“ für die Menschen vor Ort, die bereits ein „äußerst besorgniserregendes Ausmaß” angenommen hätten. „Viele Menschen in der Region wurden direkt von dem Einsatz chemischer Waffen in Mitleidenschaft gezogen und haben deshalb versucht zivile Krankenhäuser aufzusuchen. Doch werden sie von der PDK und dem türkischen Staat daran gehindert und stattdessen in inoffiziellen Militärkrankenhäusern im Grenzgebiet behandelt. Obwohl all diese Tatsachen bekannt sind, werden die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von den türkischen Besatzungstruppen durch den Einsatz chemischer Waffen begangen werden, noch immer nicht anerkannt. Diese Verweigerung und das damit einhergehende Schweigen oder die offene Unterstützung verschaffen diesen Verbrechen eine Legitimität”, kritisiert das Komitee.

Chemiewaffen schaden gesamter Umwelt

Weiter hält das Gremium fest: „Die eingesetzten Chemiewaffen schaden nicht nur der Guerilla, sondern der gesamten Umwelt. In diesen Tagen sind zahlreiche Staaten und Organisationen zur UN-Klimakonferenz in Glasgow zusammengekommen, und warnen mit Blick auf die ausgerufene ‚Alarmstufe Rot für die Menschheit’ davor, die letzte Chance den menschengemachten Klimawandel noch unter Kontrolle zu bringen, nicht zu verspielen. Doch muss ihnen Folgendes bewusst sein: Wenn sie nicht dazu bereit sind, den enormen Schaden für Mensch und Natur zu erkennen, den der türkische Staat heute durch den Einsatz chemischer Waffen verursacht, werden ihre äußerst wichtigen Anstrengungen bedauerlicher Weise keinerlei Nutzen und Mehrwert für die Menschheit haben.

Bereit, alle erforderliche Unterstützung und Hilfe zur Verfügung zu stellen

Als KCK-Gesundheitskomitee wenden wir uns direkt an alle Institutionen, Organisationen, Menschenrechtsverteidiger:innen und Umwelt- und Tierschützer:innen, die sich die Sicherung der Zukunft der Menschheit zur Aufgabe gemacht haben: Warum schweigen Sie? Wir möchten auch die Gelegenheit nutzen, um uns direkt an die OPCW, UN, CPT und insbesondere die Ärzte ohne Grenzen zu wenden: Warum schweigen Sie zu den Verbrechen des türkischen Staates in Kurdistan und dem Mittleren Osten? Zum Einsatz chemischer Waffen zu schweigen bedeutet, zu Mitverantwortlichen und Unterstützer:innen dieses Verbrechens zu werden. Insbesondere an die OPCW und die Ärzte ohne Grenzen möchten wir folgenden Appell richten: Wir rufen sie dazu auf, so schnell wie möglich und ohne weiteres Verstreichen wertvoller Zeit ihrer Aufgabe gerecht zu werden, in den Guerillagebieten Südkurdistans den Einsatz chemischer Waffen durch die türkischen Besatzungstruppen zu untersuchen und dieses Verbrechen somit zu stoppen. Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass wir bereit sind, dafür alle erforderliche Unterstützung und Hilfe zur Verfügung zu stellen.”