Im August werden vier laufende PKK-Prozesse in München, Stuttgart und Frankfurt fortgesetzt. Das teilt der Kölner Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland AZADÎ e.V. mit und informiert über die Verhandlungstermine. Bei den Angeklagten handelt es sich um die kurdischen Aktivisten Mirza B., Mazlum D., Merdan K. und Abdullah Ö. Sie alle sind nach dem Gesinnungsparagrafen 129b angeklagt und befinden sich in Untersuchungshaft. AZADÎ erklärt dazu: „Die kurdischen Aktivisten dieser politisch motivierten Strafverfahren brauchen unsere Solidarität. Besucht die Prozesse, um ihnen zu vermitteln, dass sie nicht vergessen sind und stärkt ihnen und auch den Verteidiger:innen durch eure Präsenz den Rücken.“
Mirza B., OLG München (Prozesseröffnung 13.5.2022):
- Freitag, 5.8.
- Mittwoch, 10.8.
- Dienstag, 30.8.
Alle Verhandlungen beginnen um 9:30 Uhr in Saal B-277 vor dem OLG München, Nymphenburger Str. 16
Mazlum D., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 21.2.2022):
- Montag., 1.8., 9:15 Uhr, nur vormittags
- Mittwoch, 3.8., 9:00 bis 10:00 Uhr und
- Mittwoch, 31.8., 9:15 Uhr
Die Verhandlungen finden vor dem OLG Stuttgart-Stammheim, Asperger Str. 49, statt.
Merdan K., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 17.3.2022):
- Dienstag, 2.8., 13:30 Uhr
- Donnerstag, 4.8., 9:15 Uhr
- Dienstag, 9.8., 9:15 Uhr
- Donnerstag, 11.8., 9:15 Uhr
- Dienstag, 16.8., 9:15 Uhr
- Donnerstag, 18.8., 9:15 Uhr und
- Dienstag, 23.8., 9:30 Uhr
Alle Verhandlungen finden vor dem OLG Stuttgart-Stammheim, Asperger Str. 49, statt.
Abdullah Ö., OLG Frankfurt/M. (Prozesseröffnung 11.4.2022):
Die Verhandlung beginnt um 15.30 Uhr in Saal II vor dem OLG Frankfurt/M., Konrad-Adenauer-Str. 20.
Hintergründe der strafrechtlichen Verfolgung von Kurden
Zu den Hintergründen der strafrechtlichen Verfolgung kurdischer Aktivist:innen in der Bundesrepublik teilt AZADÎ e.V. mit:
Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen begann bereits Ende der 1980er Jahre entweder nach § 129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung), oder ab Mitte der 1990er Jahre nach § 129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als eine „terroristische Vereinigung im Ausland“ gemäß § 129a/b einzustufen. Hunderte politisch aktiver Kurdinnen und Kurden sind seit Ende der 1980er Jahre von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.
In den meisten 129b-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten von Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung. Grundlage ist das umstrittene Betätigungsverbot der PKK von 1993 und die laut § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen. Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. Jederzeit können auch Einzelermächtigungen erteilt werden. So stehen inzwischen neben der Führungsebene auch „einfache“ Mitglieder vor Gericht. Von abgeschlossenen bzw. laufenden §129a/b-Verfahren betroffen sind nach derzeitigem Stand und unserer Kenntnis 54 Aktivist:innen; neun Kurden befinden sich aktuell in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. U-Haft.
In den 129b-Prozessen beantragen die Verteidiger:innen die Rücknahme der Verfolgungsermächtigung, was auch während laufender Verfahren möglich wäre, aber durchgängig abgelehnt wird. Die Besonderheit besteht auch darin, dass die vom BMJV erteilten Vollmachten weder begründet werden müssen noch rechtlich angegriffen werden können.“
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