Protest gegen Kommunalputsch geht weiter

Der Protest gegen die Verhaftung des Bürgermeisters und die staatliche Übernahme der Kommunalverwaltung in Colemêrg geht weiter. In vielen Städten in der Türkei und Nordkurdistan gehen die Menschen entschlossen auf die Straße.

Widerstand gegen Zwangsverwaltung

Seit der Inhaftierung des gewählten Ko-Bürgermeisters von Colemêrg (tr. Hakkari), Mehmet Sıddık Akış (DEM-Partei), und der Einsetzung eines regimetreuen Zwangsverwalters an seiner Stelle finden in der Türkei Proteste gegen den „Kommunalputsch“ des AKP/MHP-Regimes statt.

Proteste in den Provinzen Istanbul und Tekirdağ

Sowohl in Istanbul als auch in der angrenzenden Provinz Tekirdağ kam es zu Protesten gegen den Kommunalputsch. In beiden Provinzen finden Mahnwachen und Sitzstreiks statt. In Istanbul läuft seit vier Tagen am Şişhane Meydanı in Beyoğlu eine Mahnwache für Gerechtigkeit. Die Teilnehmer:innen tragen T-Shirts mit der Aufschrift: „Zwangsverwalter verschwinde!“ und solidarisieren sich mit dem Widerstand von Colemêrg. Musiker:innen des Kulturzentrums Mesopotamien (NÇM) begleiteten den Protest mit ihren Instrumenten.

Mahnwache in Izmir

Seit sechs Tagen findet in der Innenstadt von Izmir eine Mahnwache gegen Zwangsverwaltung statt. Die Aktion wird auch vom Bürgermeister von Rize-Fındıklı, Ercüment Şahin Çervatoğlu (CHP), unterstützt. Çervatoğlu erklärte: „Was für eine Art von Demokratie ist das? Das ist eine Demokratie, in der ein Mann die Gewalt in der Hand hat. Das ist die Demokratie der Ausbeuter, der Feinde des Volkes und der Arbeit, keine Demokratie der gewählten Vertreter. Wir akzeptieren das nicht.“

Adana: Protest im Polizeikessel

Eine Protestaktion der DEM-Partei und verschiedener anderer politischer Parteien und zivilgesellschaftlicher Organisationen in Adana gingen auch am Dienstag weiter. In einem Park in Seyhan kamen die Menschen zusammen, um gegen den Kommunalputsch zu protestieren. Die Aktivist:innen zeigten sich entschlossen, den Protest fortzusetzen, bis die Usurpation Rathauses von Colemêrg beendet ist. Die Polizei bedrängte die Teilnehmer:innen mit einem engen Spalier.

Große entschlossene Demonstration in Êlih

In der nordkurdischen Metropole Êlih (Batman) versammelten sich viele Menschen zu einer Demonstration durch die Stadt. Angeführt von Politiker:innen, unter ihnen der DBP-Vorsitzende Keskin Bayındır, zogen die Protestierenden lautstark durch die Straßen. Die Teilnehmer:innen riefen immer wieder „Kurdistan Goristan ji bo Faşisme“ (dt. Kurdistan wird der Friedhof des Faschismus sein) und sangen revolutionäre Lieder. Die Demonstration endete vor dem Rathaus der Stadt.

Bayındır erklärte: „Es ist eine Ehre, in einer Stadt zu sein, die sich nicht der Unterdrückung und Tyrannei gebeugt hat. In Colemêrg wurde ein Zwangsverwalter ernannt. Wir akzeptieren dies nicht und werden unseren Widerstand bis zum Ende fortsetzen. Zwangsverwaltung ist Raub und sogar nach den Gesetzen dieses Staates illegal. Bereits zum dritten Mal wird hier ein Zwangsverwalter eingesetzt. Am 31. März haben wir die Wahlen in Übereinstimmung mit dem Gesetz gewonnen. Aber das Regime toleriert diesen Sieg nicht. Wir werden unseren Widerstand gegen diese Ungesetzlichkeit fortsetzen. Wir werden den Widerstand ausweiten und ihn überall hin verbreiten.“ Im Anschluss an die Demonstration begann eine Mahnwache vor dem Rathaus.

 

Wan: Vorbereitungen auf Großdemonstration in Colemêrg

In der an Colemêrg angrenzenden Provinz Wan (Van) laufen die Vorbereitungen auf eine Großdemonstration am Donnerstag in Colemêrg auf Hochtouren. Die DEM-Abgeordneten Gülcan Kaçmaz und Mahmut Dindar, besuchten unter anderem Geschäfte in der Kreisstadt Rêya Armûşê (Ipekyolu) und riefen zur Teilnahme an der Demonstration in Colemêrg auf. Die Besuche stießen auf großes Interesse. Dindar erklärte: „Zwangsverwaltung ist nichts anderes als Raub. Sie bedeutet Ausplünderung, Diebstahl und die Missachtung des Willens des kurdischen Volkes. Gegen die Usurpation des Willens von Colemêrg werden wir uns am 13. Juni um 8.00 Uhr neben Çohaz Petrol versammeln und nach Colemêrg ziehen.“ Die Delegation wurde immer wieder mit Parolen begrüßt. Anschließend fanden Volksversammlungen in Ebex (Çaldıran) und Bêgirî (Muradiye) statt.

In Tûşba fand am Abend eine Fackeldemonstration statt. Die Demonstration unter der Führung der Frauenbewegung TJA rief immer wieder „Kurdistan wird das Grab des Faschismus“ und „Hakkari wird das Grab der Zwangsverwaltung sein“.

Acht Tage Mahnwache in Agirî

Seit acht Tagen findet vor der Stadtverwaltung von Agirî (Ağrı) eine Mahnwache gegen den Kommunalputsch statt. Täglich versammeln sich Aktivist:innen unter der Parole „Die Stadtverwaltungen sind unser“, um gegen Zwangsverwaltung zu protestieren.

Acht Tage Mahnwache in Silopiya und Cizîr

Auch im nordkurdischen Silopiya (Silopi) läuft nun bereits seit acht Tagen eine Mahnwache. Nach der Verteilung von Flugblättern für die Demonstration am Donnerstag in Colemêrg begannen die Aktivist:innen gestern erneut ihren Sitzstreik vor der Stadtverwaltung.

Auch in Cizîr (Cizre) versammelten sich die Menschen und riefen Parolen und demonstrierten gegen die Zwangsverwaltung unter der Parole „Es lebe der Widerstand von Colemêrg“ durch die Stadt.

Weitere Aktionen in vielen kurdischen Städten

Auch in den Provinzen Dersim, Mêrdîn (Mardin), Riha (Urfa), Mersin, Amed (Diyarbakir), Cewlîg (Bingöl) und Sêrt (Siirt) fanden viele weitere Mobilisierungs- und Protestaktionen statt.