Münchner (Fahnen-)Prozessgeschehen: Zwei neue Termine im Oktober

Vor dem Amtsgericht München finden im Oktober erneut Verhandlungen gegen Zübeyde Akmese und Claus Scheer statt. Ihnen wird das Zeigen kurdischer Symbole vorgeworfen.

Während die Revision beim Oberlandesgericht München gegen Kemal Göktepe wegen des Zeigens der Fahnen der YPG/YPJ noch aussteht und deshalb der Prozess gegen Kerem Schamberger kurzfristig verschoben wurde, wurden jetzt in der bayrischen Landeshauptstadt zwei weitere Prozesstermine angesetzt. In beiden Fällen stehen bekannte Friedensaktivist*innen vor Gericht. Es geht um das Kennzeichenverbot „im Kontext der PKK“. Vor allem aber geht es um die im Grundgesetz garantierte Meinungsfreiheit bzw. um die Frage, inwieweit diese dann nicht mehr gilt, wenn Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung ausgedrückt wird, die bekanntermaßen nicht im Einklang steht mit der deutschen Staatsdoktrin.

Freiheit für Öcalan, Frieden in Kurdistan

Bereits zum dritten Mal wird am 11. Oktober gegen die Kurdin Zübeyde Akmese verhandelt. Sie zeigte anlässlich einer Demonstration für die Aufhebung der Isolation des Repräsentanten der Freiheitsbewegung das Konterfei von Abdullah Öcalan. Obwohl die meisten als Zeugen geladenen Polizeibeamten neutral oder entlastend für sie gesprochen haben und das Gericht den Prozess einstellen wollte, gab sich die Staatsanwaltschaft nicht zufrieden, ging in Berufung und beharrt auf einer Verurteilung. Deshalb geht es nun die nächste Runde.

Zum Tatvorwurf äußerte sich die Friedensaktivistin in einer Stellungnahme:

„Ich fordere die Freiheit Abdullah Öcalans, damit der seit 40 Jahren andauernde Krieg in Kurdistan endlich beendet wird. Ich bin der Meinung, dass der Frieden nur durch einen politischen Dialog erreicht werden kann. Damit es zu so einem Dialog kommt, müssen beide Seiten an den Tisch. Dazu gehört auch Herr Öcalan und dafür trete ich ein. Hinter dieser Forderung stehe ich aus tiefster Überzeugung, denn es handelt sich hierbei um einen Friedensaufruf.

Alle Veranstaltungen, auf denen ich in München mitwirkte, beinhalteten Friedensaufrufe für Öcalan. Zu keinem Zeitpunkt rief ich in irgendeiner Weise zu Gewalt auf. Mein gesamtes Leben - ich bin heute 64 Jahre alt - habe ich mich mit Menschen solidarisiert, die Unterdrückung und Leid erfahren. Ob es mein Handeln für Anti-Kriegs-Bündnisse ist oder mein Engagement für Frauenrechtsbewegungen, Klimabewegungen oder Arbeiterstreiks; ich habe mich stets als Feministin und Antifaschistin verstanden. Ich werde mich auch in Zukunft stets hinter jeden Aufruf und jeden Slogan stellen, der für Frieden und Dialog steht. Einer dieser Slogans lautet: Freiheit für Öcalan, Frieden in Kurdistan.“

Der Prozess gegen Zübeyde Akmese findet am 11. Oktober 2019 um 9.30 Uhr am Amtsgericht München, Nymphenburger Straße 16, im Sitzungssaal A229 statt.

Es geht um Einschüchterung und Disziplinierung

Gegen den 81-jährigen Münchner Friedensaktivisten und Kommunisten Claus Schreer wird am 25. Oktober verhandelt. Ihm wird seine Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung vorgeworfen. Anlässlich der Sicherheitskonferenz in München 2018 zeigte er die YPG-Fahne und forderte die Freilassung von Abdullah Öcalan. Scheer erklärt dazu:

„Am 26. März 2019 wurde ich wegen Verwendung verbotener kurdischer Symbole bei der Demonstration gegen die NATO-Sicherheitskonferenz im Februar 2018 zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt.

Bei den kurdischen Symbolen handelte es sich um einen Wimpel der YPG, der kurdischen Volksverteidigungskräfte, die Nordsyrien von der Schreckensherrschaft des IS befreit haben und ein Plakat mit der Abbildung Abdullah Öcalans und der Forderung 'Freiheit für Öcalan'. In der Urteilsbegründung erklärte das Gericht, die YPG sei von der PKK ‚usurpiert' worden, das Plakat sei ‚in besonderer Weise geeignet, den Zusammenhalt der PKK zu fördern' ebenso wie die auf der Kundgebung geforderte ‚Aufhebung des PKK-Verbots'. Alles zusammen sei als Unterstützungshandlung für die vom Innenministerium verbotene PKK zu werten. Das Urteil ist Schlag gegen das im Grundgesetz garantierte Recht auf Meinungsfreiheit. Das Recht die Freilassung eines politischen Gefangenen zu fordern, der seit 20 Jahren in Isolationshaft eingekerkert ist, kann nicht strafbar sein, genau so wenig wie die Forderung nach Aufhebung des PKK-Verbots und die Solidarität mit den Volksverteidigungseinheiten der YPG in Rojava. Es geht um Einschüchterung und Disziplinierung.“

Der Prozess gegen Claus Schreer findet am 25. Oktober 2019 um 9.30 Uhr vor dem Amtsgericht München, Nymphenburger Straße 16, im Sitzungssaal A214 statt.